HOCH-N:Portal 1: Kernelemente der Hochschul-BNE

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Das UNESCO-Weltaktionsprogramm und der Nationale Aktionsplan für Deutschland streben an, Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) an allen Hochschulen zu implementieren und strukturell zu verankern. Wie kann die Integration von BNE in die verschiedenen akademischen Disziplinen, Studienfächer und Lehrformate gelingen? Gibt es eine gemeinsame Ausgangsbasis, aus der die individuellen Hochschulen „ihre“ BNE entwickeln können? Und was ist das Besondere an BNE in Hochschulen? 25 Jahre nach der ersten formellen Anerkennung der Relevanz von BNE in der Agenda 21 der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro und nach der UN-Dekade BNE von 2005-14 ist die Frage nach Elementen und Qualität von BNE nach wie vor aktuell. Es gibt einen großen Fundus an Erfahrungsberichten, Fallstudien und empirischen Untersuchungen; wenn man jedoch nach (Qualitäts-)Kriterien für BNE sucht, findet man überwiegend Arbeiten, die sich auf Einzelelemente der BNE wie innovative Lehrformate, Interdisziplinarität, Kompetenzorientierung u. a. fokussieren. Das ist verständlich angesichts der Vielzahl und Breite der Elemente, die BNE ausmachen. Um BNE als Gesamtkonzept in verschiedene Orte der Hochschullehre zu integrieren, braucht es allerdings einen Überblick der „Kernelemente“, die Hochschulbildung für Nachhaltige Entwicklung (H-BNE) – unabhängig von Disziplin oder Hochschulform – ausmachen.

Der Orientierungsrahmen, der in diesem Kapitel vorgestellt wird, soll einen solchen Überblick bieten. Er ist als Ordnungsangebot gedacht, das heißt nicht als „Rezept“ mit exakten Vorgaben, sondern als „Menü“. Dazu gehören bestimmte „Gänge“, die aufeinander abgestimmt sind. Was jedoch in jedem Gang an Zutaten ausgewählt wird, ist durchaus regional und saisonal – also je nach Hochschule und Lehrkontext – verschieden. Die Struktur des Orientierungsrahmens hat auch eine qualitätssichernde Funktion: BNE hat erkennbar spezifische Elemente, vor allem Nachhaltige Entwicklung (NE) als thematisch zentralen Lehrinhalt. Andere BNE-Elemente, wie z. B. partizipative Lehrformate, gibt es jedoch auch in anderen Kontexten. Das führt in manchen Fällen dazu, dass das Vorhandensein einzelner in BNE enthaltener Elemente mit BNE gleichgesetzt wird. Wir argumentieren hier, dass BNE als Gesamtkonzept mehr ist als die Summe ihrer Teile, und dass die Kombination aller Kernelemente dieses „Mehr“ entstehen lässt. Die Menüstruktur bietet also eine Systematisierung, die es erleichtern soll, qualitativ hochwertige Hochschul-BNE selbst zusammenzustellen, alle Kernelemente der BNE einzubeziehen und sie gleichwohl den lokalen Gegebenheiten der verschiedenen Universitäten, Studiengängen, und Lehrformaten entsprechend auszugestalten.

Dabei sind die Kernelemente keine beliebige Auflistung: Die Struktur des Orientierungsrahmens richtet sich nach den Schritten im Curriculum-Design und zeigt jeweils auf, wie dort BNE eingebunden werden kann. Dadurch bietet der Orientierungsrahmen intuitive Schnittstellen zu bestehenden Curricula, an denen BNE in die Fachlehre integriert werden kann – oder explizite BNE-Lehre neu konzipiert. An diesen Schnittstellen beschreiben die Kernelemente das, was über Fachlehre und generell „gute Lehre“ hinausgeht und BNE-spezifisch ist. Das Konzept des Orientierungsrahmens wurde in einer HOCHN-Praxis-Forschungs-Session mit rund 40 Expert*innen aus der H-BNE gestaltet. Die Inhalte beruhen auf einer systematischen Literatur-Review der englischsprachigen wissenschaftlichen Literatur zu H-BNE. Daraus wurden 213 Artikel ausgewählt, die bereits Synthesen wichtiger Elemente für Hochschul-BNE und deren mögliche Qualitätskriterien anstreben. Diese wurden durch eine qualitative strukturierende Inhaltsanalyse ausgewertet. [1]

Abbildung 2: Der Orientierungsrahmen im Überblick (Quelle: eigene Darstellung)

Die Kernelemente der H-BNE sind auf vier Ebenen angesiedelt:

  • Warum und wofür: die Begründung für die Notwendigkeit von BNE und ein daraus resultierendes Bildungsverständnis sowie die BNE-spezifischen Lernziele bzw. Lernergebnisse: Kompetenzen für Nachhaltige Entwicklung.
  • Was: Um die Lernziele der BNE zu verwirklichen, braucht es konkrete Lernbereiche im Curriculum, die über die Dauer der Lehrveranstaltung hinweg gestaltet werden. Diese Lernbereiche sind weder identisch mit Kompetenzen noch mit didaktischen Prinzipien, sondern sie sind als thematische Bereiche Platzhalter für Inhalte und Aktivitäten der Lehrveranstaltung (oder des Studienprogramms), die mit Hilfe passender didaktischer Prinzipien den Kompetenzerwerb (für NE) ermöglichen sollen.
    • Inhalt: NE-bezogene konkrete Lehrinhalte/Themen
    • Wissenschaft: NE-bezogene wissenschaftliche Arbeit der Studierenden, sowie Auseinandersetzung mit Wissenschaft als Teil von NE
    • Ethik: NE-bezogene ethische Grundlagen, sowie spezifische ethische Aspekte, die mit den gewählten NE-Inhalten und wissenschaftlichen Formaten verbunden sind
    • Partizipation: Möglichkeiten für Studierende in den o.g. Bereichen kollaborativ zu arbeiten und dies mit Unterstützung zu lernen, sowie an der Gestaltung von Lehre & Lernen (demokratisch) mitzuwirken und Verantwortung dafür zu übernehmen
  • Wie (& was): Transformative Didaktik, Methoden und Lehr-Lern-Formate, in denen BNE-Lehre stattfindet: Sie setzen das Bildungskonzept um und schaffen die nötigen Lern-Räume für die Lernziele. Wir beziehen uns hier sowohl auf Didaktik im engeren Sinn, also Ziele und Inhalte vermitteln, als auch auf Methodik, also die konkrete Umsetzung und Organisation der Lernprozesse. (Im Orientierungsrahmen ist dieser Bereich der Lehrplanung der Übersichtlichkeit halber als eigene Zeile dargestellt; Fachdidaktiker*innen können ihn sich auch querliegend zu den anderen Elementen vorstellen.)
  • Wohin: Bedingt durch die spezifischen Lernziele, -bereiche, -methoden und -formate ergeben sich besondere Bedarfe an Evaluation, Weiterbildung und Qualitätssicherung.

Der Orientierungsrahmen kann für die Implementierung von BNE auf verschiedene Arten eingesetzt werden:

  1. Für die inhaltliche Lehrplanung über den Zeitraum der Lehrveranstaltung oder des Studienprogramms.
  2. Für die Strukturierung der Lehre als ganzheitliche Praxis mit Kopf, Hand, und Herz.
  3. Für die inhaltliche Auseinandersetzung mit BNE und ihren Qualitätsmerkmalen. Dafür werden die einzelnen Elemente in diesem Kapitel weiterführend beschrieben.
Abbildung 3: Der Orientierungsrahmen als Instrument für die inhaltliche Lehrplanung (Quelle: eigene Darstellung)

Ein Charakteristikum der BNE-Lehre ist, dass sie mehrere inhaltliche „Lernbereiche“ hat: nicht nur Nachhaltige Entwicklung (NE) als Lehrinhalt, sondern auch Wissenschaft (wissenschaftliche Zugänge und Wissensproduktion), nachhaltigkeitsbezogene Ethik sowie Partizipation im Sinne von Zusammenarbeit und demokratischer Teilhabe. Der Orientierungsrahmen kann dabei unterstützen, BNE-Lehre über den Zeitraum der Lehrveranstaltung zu planen:

  1. Die BNE-spezifischen Lernbereiche einbeziehen und Lernziele festlegen: was sollen Studierende am Ende der Lehrveranstaltung in jedem Bereich wissen und können? Was muss demnach in den Lehreinheiten berücksichtigt und thematisiert werden?
  2. Die Lernbereiche durch Aktivitäten sinnvoll miteinander verknüpfen: z.B. ein Projekt, das Studierende zu einem Nachhaltigkeitsthema (Inhalt) gemeinsam gestalten (Partizipation), zu dem sie relevantes Wissen produzieren (Wissenschaft) und in dem ethische Fragen der Nachhaltigen Entwicklung am Thema gelernt sowie in der Forschung einbezogen werden (Ethik). Welche Projektphasen gibt es während der Lehrveranstaltung?
  3. Eine passende Lehr-Lern-Umgebung und Didaktik ausarbeiten: Welche (nachhaltigkeitsbezogenen) Kompetenzen können darin eingesetzt/geübt werden?
  4. Evaluationsformen auswählen: Welche Evaluationsformen in Anbetracht der besonderen Lehrgestaltung passend sind und zu welchen Zeitpunkten, kann so ebenfalls gut eingeschätzt werden.
Abbildung 4: Der Orientierungsrahmen als Instrument für die ganzheitliche Lehrplanung (Quelle: eigene Darstellung)

Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist als ganzheitliche Bildung konzipiert: sie spricht Kopf, Herz und Hand (head, hands, and heart) an. [2]. Dies wird in der BNE-Literatur in Bezug auf BNE-Curriculum-Design auch als Knowing, Acting, und Being bezeichnet [3], und in Bezug auf BNE-Lernziele als cognitive learning objectives (kognitive Lernziele), behavioural learning objectives (Handlungs/Verhaltensbezogene Lernziele) und socio-emotional learning objectives (reflektive, sozial-emotionale Lernziele).[4] Es handelt sich dabei um drei Dimensionen des Lernens, die zum Kompetenzerwerb nötig sind. Studierende können so die Kompetenzen für Nachhaltige Entwicklung in einer Lehre erproben, die BNE-spezifische Lernbereiche durch die Dimensionen ganzheitlichen, kompetenzorientierten Lernens erfahrbar macht:

  • Knowing: Der gezielte Einsatz mehrerer Lernbereiche in BNE bedeutet, dass diese jeweils Wissen/Inputs benötigen. Hier geht es jedoch auch um den Einsatz verschiedener Wissensformen und Zugänge zum Wissenserwerb, wie z. B. Interdisziplinarität. Da sich Nachhaltigkeitsthemen ständig entwickeln, geht es über im aktuellen Curriculum notwendiges Wissen hinaus besonders darum, sich neues Wissen durch passende Zugänge erschließen, kritisch bewerten und sinnvoll einsetzen zu lernen.
  • Acting: Handlungskompetenzen brauchen die Orientierung auf das praktische Umsetzen: hier werden die Lernbereiche in konkreten Kontexten angewandt, um Fähigkeiten zur Realisierung von z.B. NE-Forschungsprojekten zu lernen. Darüber hinaus geht es um professionelle Kompetenzen: neue Berufsbilder und Arbeitsformen (gerade im Bereich NE) entstehen. Statt nur für einen bestimmten Beruf ausgebildet zu werden, brauchen Studierende die Fähigkeit, sich neue Arbeitsaufgaben und -Umgebungen zu erschließen.
  • Being: Ein besonderer Schwerpunkt der BNE liegt auf persönlichem Lernen im sozialen Kontext: die eigenen Werte und die Weltanschauung, die Rolle (in Communities oder als Wissenschaftler*in/ Fachkraft), das eigene Handeln und dessen Konsequenzen bzgl. Nachhaltiger Entwicklung reflektieren; Empathie entwickeln; mit eigenen Emotionen, Motivation, Unsicherheiten und Zweifeln umgehen. Dieses Lernen braucht explizite Räume der strukturierten Reflektion und des respektvollen Austausches, und auch Anleitung, wie beides funktioniert. In gut strukturierter H-BNE können diese sowohl kognitiv-handlungsbezogenen als auch sozial-emotionalen und Selbst-Kompetenzen in Bezug auf alle Lernbereiche geübt werden. „Being“ bedeutet auch: Freiräume für persönliche Entwicklung!

Im Folgenden werden die Kernelemente beschrieben und Möglichkeiten der Umsetzung aufgezeigt. Bei der Implementierung in konkreten Lehrkontexten und Curricula wird die Ausprägung der Elemente selbstverständlich an diese sowie an die Voraussetzungen und Bedürfnisse der Lernenden und die Möglichkeiten und Ressourcen der Lehrenden angepasst. Am Ende jedes Abschnitts findet sich eine These zu „guter“ Hochschul-BNE, die zur eigenen Auseinandersetzung mit Qualitätsmerkmalen anregen möchte.


Begründung – Notwendigkeit und Herausforderung von BNE

Leitfrage: Wie begründe ich als Lehrende*r/Programmverantwortliche*r den Einsatz dieses Bildungskonzepts?

Bildung für Nachhaltige Entwicklung als Bildungskonzept hat sich in einem spezifischen historisch-politisch-kulturellen Rahmen entwickelt, geleitet von der Erkenntnis, dass die Übernutzung natürlicher Ressourcen durch Teile der Menschheit das Überleben der gesamten Menschheit und der nicht-menschlichen Natur zu gefährden beginnt. [5] [6] Außerdem ist diese global wirksame Nicht-Nachhaltige Entwicklung und ihre Geschichte eine der Hauptursachen für globale Ungleichheit, Ungerechtigkeit, und viele Formen der Armut. Darin wird die Notwendigkeit von Nachhaltiger Entwicklung begründet, und damit auch BNE als wichtiger leverage point („Hebel-Ansatzpunkt“) für die gesellschaftliche Transformation hin zu Nachhaltiger Entwicklung. BNE hat hier drei tiefe Wurzeln, an denen Hochschulbildung ganz besonders gut anknüpft:

1. Wissenschaft: Die oben genannte Einsicht beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, z.B. die Endlichkeit von Ressourcen, Veränderungen in Biosphäre und ökologischen Systemen durch menschliche Einflüsse, bestehende und zukünftig mögliche Auswirkungen auf soziale Systeme. Wissenschaftliche Daten zeigen Problematiken auf wie z. B. anthropogenen Klimawandel, Hunger, u. a. – die sogenannten Grand Challenges. Der Diskurs von NE, und damit auch BNE, beruht also auch auf einem Verständnis von Wissenschaftlichkeit: Dass es zum einen möglich ist, nachvollziehbare Daten zu erheben, Fakten zu dokumentieren und Aussagen zu treffen und zum anderen, dass Auseinandersetzungen um diese Aussagen auf Kriterien der Wissenschaftlichkeit beruhen sollten, nicht auf ‚gefühlten Wahrheiten‘ des Populismus oder Algorithmen sozialer Medien. Die Versuche der Wissenschaften, Lösungen für die Grand Challenges zu finden, verändern wiederum Wissenschaft: komplexe, systemische Herausforderungen erfordern Interdisziplinarität, forschend-lernende Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Akteur*innen (Transdisziplinarität), sowie das Einbeziehen anderer Wissensformen (z.B. indigenes Wissen); neue wissenschaftliche Methoden werden entwickelt. Die markanteste Besonderheit von Hochschul-BNE, die sie von anderen Bildungskontexten unterscheidet, ist die wissenschaftliche Bildung. Durch sie werden Studierende befähigt, sich nicht nur fundiert mit wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinander zu setzen und Informationen und Debatten auf ihre Validität zu prüfen, sondern auch dazu, selbst neues Wissen zu generieren. BNE betont die Untrennbarkeit von Wissenschaft und Gesellschaft und ermöglicht Studierenden insbesondere:

  • Fragen zur Rolle und Verantwortung der Wissenschaften allgemein sowie speziell des eigenen Fachs in Bezug auf (nicht-)Nachhaltige Entwicklung zu stellen
  • Durch forschendes Lernen an wissenschaftlichen Beiträgen und Innovationen für nachhaltiger Entwicklung mitzuarbeiten
  • Teilzuhaben an der Weiterentwicklung von Wissenschaft, neuen Methoden der Wissensproduktion und -kommunikation, die den Herausforderungen unserer Zeit angemessen sind

2. Normative Orientierung (Ethik): (B)NE beruht zentral auf normativen Setzungen: Menschliches Leben auf der Erde ist erhaltens- und fördernswert, deshalb müssen für unser Überleben gefährliche ökologische Veränderungen begrenzt werden. Dabei ist eine ungleiche Verteilung von ökologischen und ökonomischen Lasten und Nutzen zwischen sozialen/nationalen Gruppen ungerecht, daher sollen die Bedürfnisse der Ärmsten Priorität haben.[7] Hinzu kommt, dass auch nicht-menschliche Lebensformen einen Wert haben und menschliches Verhalten auch für diese Sorge tragen sollte. Diese normativen Setzungen sind gut begründet, z.B. im Diskurs der Menschenrechte, und werden auch gegenwärtig weiterentwickelt, z. B. in Diskursen der Dekolonialität, der Gerechtigkeitstheorien, der Tierethik und Umweltethik (Biologische Vielfalt). Die ethische Frage „was sollen wir tun“, aber auch „was sollen wir können“ wird im Diskurs der Nachhaltigen Entwicklung also innerhalb bestimmter normativer Rahmungen ausgehandelt, interpretiert, und immer wieder neu beantwortet. Entsprechend dieser ethischen Grundlagen und Zielsetzungen sollen gegenwärtige Produktions-, Wirtschafts- und Lebensweisen so verändert werden, dass ein gutes Leben für alle Heutigen und Künftigen innerhalb ökologisch sicherer und sozial gerechter Grenzen möglich wird: „A social foundation no one should fall below and an ecological ceiling of planetary pressure that we should not go beyond. Between the two lies a safe and just space for all.”.[8] Dies stellt wiederum Fragen an die Hochschule: Wie soll Forschung und Lehre in (dieser) gesellschaftlichen Verantwortung gestaltet werden? Ein Studium soll zur Übernahme von Verantwortung in der Gesellschaft befähigen – circa 80 Prozent der entscheidungstragenden Positionen sind mit Absolvent*innen aus Hochschulen besetzt [9], Karrieren in der Wissenschaft zu 100 Prozent. Verantwortung bezieht sich immer auf konkrete Werte und Normen. Entscheidungen wiederum beziehen sich auf das, was im Kontext dieser Werte und Normen als erstrebenswert bewertet wird. Das bedeutet, dass zur Hochschulbildung notwendigerweise auch eine ethische Bildung gehört, um gesellschaftliche und fachspezifische Werte und Normen erkennen, hinterfragen, und eigenständig bewerten zu können. BNE zeigt diese Notwendigkeit auf und ermöglicht Studierenden insbesondere:

  • ethische, insbesondere Gerechtigkeitsfragen der Herausforderungen der Gegenwart fachübergreifend zu erkunden, sowie bestehende gesellschaftliche Werte, Normen, und Praktiken fundiert daraufhin zu befragen
  • Fragen der Wissenschaftsethik in ihrem Fach um Fragen der anwendungsbezogenen Ethik und der möglichen Wirkungen fachlicher Forschung im Kontext Nachhaltiger Entwicklung zu erweitern
  • eigene Wertvorstellungen im gesellschaftlichen und globalen Kontext zu verstehen und zu hinterfragen und für sich selbst die Frage, was wir angesichts der Herausforderungen der Gegenwart „wollen und können sollen“, bewusst zu beantworten

3. Emanzipatorischer Bildungsauftrag: Bildung für Nachhaltige Entwicklung soll Menschen befähigen, die gesellschaftliche Transformation vor dem Hintergrund der „Grand Challenges“ zu gestalten. Da Nachhaltige Entwicklung ein gesellschaftlich anerkanntes Ziel ist, ebenso wie Demokratie, ist dies schlüssig, birgt jedoch ein Spannungsfeld: Wenn Nachhaltigkeit bereits als normatives Ziel vorausgesetzt wird, und Bildung „dafür“ befähigen soll, dann scheint sie in Spannung zu stehen mit dem ersten Grundsatz des Beutelsbacher Konsens: Überwältigungs- bzw. Indoktrinationsverbot („Es ist nicht erlaubt, den Schüler – mit welchen Mitteln auch immer – im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der „Gewinnung eines selbständigen Urteils“ zu hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrination.“ [10]). Der Bildungsauftrag in säkularen, freiheitlich-demokratischen Staaten ist ein emanzipatorischer: Studierende sollen selbst kritisch denken, Informationen bewerten, begründet argumentieren, Konsequenzen bedenken, bewusst entscheiden und verantwortlich handeln lernen. BNE muss also Studierende befähigen, in Bezug auf die sozial-ökologischen Probleme der Gegenwart genau all das zu tun und Nachhaltige Entwicklung nicht als „die Antwort“, sondern als einen in demokratischen Prozessen entstandenen Antwortdiskurs auf die drängenden Fragen unserer Zeit zu begreifen, den sie mitgestalten können. BNE ist also keinesfalls ein „Erziehen“ zu einem bestimmten Verhalten, sondern eine Befähigung und Kompetenzentwicklung zur eigenständigen Beteiligung an unbestreitbar wichtigen gesellschaftlichen Prozessen. Darüber hinaus stellen Fragen der Nachhaltigen Entwicklung gesellschaftliche bzw. Mensch-Natur-Verhältnisse grundsätzlich in Frage und öffnen Raum für die Entwicklung alternativer Gesellschaftsentwürfe. BNE bringt hier politische und emanzipatorische Bildung als notwendige Bestandteile der Hochschulbildung wieder deutlich in den Vordergrund und ermöglicht Studierenden insbesondere:

  • gesellschaftliche Grundannahmen und Paradigmen (sowie die des eigenen Studienfachs) zu erkennen, zu analysieren, grundsätzlich in Frage zu stellen und neue Konzepte zu entwickeln
  • (Nicht-) Nachhaltige Entwicklung (sowie die Rolle des eigenen Studienfachs darin) im Kontext historisch-politisch-kultureller Entwicklungen und Machtverhältnisse zu analysieren und verstehen
  • Informierte, demokratische Beteiligung an gesellschaftlicher Veränderung zu lernen und zu erproben

In der Gegenwart ist es nicht mehr sinnvoll möglich, sich zu Fragen Nachhaltiger Entwicklung nicht zu verhalten. Die Frage ist, wie informiert, bewusst, und (pro)aktiv das eigene Verhalten sein wird. BNE schließt hier an den Bildungsauftrag der Hochschulen an und setzt diesen aktiv in Bezug zu den unstrittig drängenden, global relevanten sozial-ökologischen Herausforderungen. Dadurch verändert BNE Wissenschaft und Bildung in ihrem Selbstverständnis und ihrer Praxis; BNE entfaltet innovative Kraft. Durch die Kombination aus wissenschaftlicher, ethischer, und emanzipatorischer Bildung im Kontext der „Grand Challenges“ befähigt sie Studierende, diese eigenständig zu begreifen, zu bewerten, und selbst aktiv zu werden. So lässt sich auch die der BNE inhärente Spannung zwischen Normativität und Neutralität konstruktiv nutzen: Studierende können sich den Diskurs Nachhaltiger Entwicklung im Rahmen einer durch wissenschaftliche und ethische Methoden – auch und grade von ihnen selbst – „gut begründeten Normativität“ zu eigen machen und mitgestalten.


These 1: Gute BNE ist normativ, aber nicht bevormundend. Sie orientiert, ohne Bildung (oder Studierende) zu instrumentalisieren. Dafür lehrt BNE Ethik und Wissenschaftlichkeit als Wege des Erkundens, Bewertens und Argumentierens von Fragen der Nachhaltigen Entwicklung. BNE als emanzipatorisches Bildungskonzept eröffnet gezielt Räume für kritisches Denken und Handeln und stellt Empowerment der Studierenden in den Mittelpunkt.

Weiterlesen

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Eine Vielzahl an Publikationen führt in BNE als Bildungskonzept und deren Besonderheiten ein und begründet ihre Notwendigkeit als querschnittsorientierter Ansatz in allen Bildungsformen. Zentrale Publikationen sind frei zugänglich unter: https://en.unesco.org/themes/education-sustainable-development


Zur Vertiefung:

Barth, Matthias (2014): Implementing Sustainability in Higher Education. Routledge, London.

Rieckmann, Marco (2016): Bildung für nachhaltige Entwicklung – Konzeptionelle Grundlagen und Stand der Implementierung. In: Martin K.W. Schweer (Hg.): Bildung für nachhaltige Entwicklung in pädagogischen Handlungsfeldern. Grundlagen, Verankerung und Methodik in ausgewählten Lehr-Lern-Kontexten. Peter Lang, Frankfurt am Main, S. 11–32.

Rieckmann, Marco; Schank, Christoph (2016): Sozioökonomisch fundierte Bildung für nachhaltige Entwicklung – Kompetenzentwicklung und Werteorientierungen zwischen individueller Verantwortung und struktureller Transformation. In: SOCIENCE 1 (1), S. 65–79. Online verfügbar unter www.rce-vienna.at/SOCIENCE/vol1.pdf


Emanzipatorische Bildung und BNE:

Arjen E.J. Wals (2010) Between knowing what is right and knowing that is it wrong to tell others what is right: on relativism, uncertainty and democracy in environmental and sustainability education, Environmental Education Research, 16:1, 143-151, DOI: 10.1080/13504620903504099

Lotz-Sisitka et.al. (2015): Transformative, transgressive social learning: rethinking higher education pedagogy in times of systemic global dysfunction. Current Opinion in Environmental Sustainability, Vol. 16, October 2015, Pages 73-80 https://doi.org/10.1016/j.cosust.2015.07.018

Ziele – Nachhaltige Entwicklung braucht Kompetenzen

Leitfrage: Welche grundlegenden Lern-Ziele hat BNE?

Der Grund für BNE – die ethisch und wissenschaftlich begründete Notwendigkeit, die Grand Challenges zu bewältigen und Gesellschaft(en) entsprechend zu verändern – in Kombination mit einem emanzipatorischen Bildungsauftrag, ergibt bestimmte Ziele guter Hochschul-BNE (H-BNE). Diese können in drei Oberkategorien dargestellt werden:

Abbildung 5: Ziele der Hochschul-BNE (Quelle: eigene Darstellung)

Verstehen: Wie können die großen Herausforderungen der Gegenwart erkannt und verstanden werden? Ziel der H-BNE ist über ein Wissen um diese Themen (Problemverständnis) hinaus die Befähigung Studierender, ein eigenes Verständnis entwickeln und zu neuen Erkenntnissen beitragen zu können. Die komplexe, systemische Natur der Grand Challenges verlangt hier nach neuen Methoden und Wissenszugängen. Außerdem sind Nachhaltigkeitsprobleme nur im Zusammenhang mit Bewertung zu verstehen: erst Werte wie z. B. Menschenrechte und ökologische Integrität lassen Armut und Verlust der Artenvielfalt als Probleme hervortreten; andere Wertesysteme mögen sie als akzeptable Begleiterscheinung von „Fortschritt“ verbuchen. Verschiedene Werte zu erkennen und ihre Konsequenzen gegeneinander abwägen zu können – Bewertungskompetenz – ist integraler Teil des Verstehens in BNE.

Verändern: Wie reagiert die Weltgesellschaft in ihrer Pluralität auf die Grand Challenges und wie lassen sie sich bewältigen? Ziel der H-BNE ist eine Befähigung Studierender, eigene Beiträge zur Lösung dieser Herausforderungen entwickeln zu können. Dazu gehört insbesondere auch, kritisch, kreativ und visionär denken zu lernen, um Paradigmen hinterfragen und völlig neue Ideen und Lösungswege entwickeln zu können. Hier öffnen Konzepte des Neudenkens von Gesellschaft, Arbeit, Ökonomie, und Mensch-Naturverhältnissen Denk-Räume für H-BNE: z. B. Care [11], Degrowth [12], Buen Vivir [13], Environmental Justice [14], u.v.m.

Handeln: Wie können sich Gesellschaften und ihre kulturellen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Praktiken verändern? Wie funktioniert Beteiligung an solchen Veränderungsprozessen? Ziel der H-BNE ist eine Befähigung Studierender, „change agent“ sein zu können, sich motiviert und kompetent in demokratischen Beteiligungsprozessen einzubringen, sowie neue Handlungsmöglichkeiten und Beteiligungsprozesse entwickeln, initiieren und begleiten zu können.

An diesen Zielen wird deutlich, dass Hochschul-BNE ein umfangreiches und anspruchsvolles Unterfangen ist – aber genau das macht auch ihren Reiz aus! Studierende bringen meist bereits den Wunsch und die Bereitschaft mit, an aktuellen Herausforderungen mitzuarbeiten und sind sehr engagiert, wenn sie diese Möglichkeit in ihrem Studium bekommen – und das macht es leicht, sich für Lehre ebenfalls neu zu begeistern.

ZWEI BEISPIELE:

Eberhard Karls Universität Tübingen Week of Links – Projekttag für Nachhaltige Entwicklung http://weekoflinks.org/

Leuphana Universität Lüneburg Zukunftsstadt Lüneburg 2030+, www.lueneburg2030.de/das-projekt/

Kernkompetenzen für Nachhaltige Entwicklung

Leitfrage: Welche nachhaltigkeitsspezifischen Kompetenzen gehören zu den Lernzielen von BNE?

An den übergeordneten Lernzielen wird deutlich, dass es sich bei BNE um eine kompetenzorientierte und -basierte Lehre handelt. Da sich die Nachhaltigkeitsproblematiken, Zielvorstellungen und Lösungsansätze ständig wandeln, reicht weder bestehendes Wissen noch ein instrumenteller Problemlösungsansatz aus, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Stattdessen bedarf es Kompetenzen, um mit unterschiedlichen, neuen und komplexen Anforderungen erfolgreich umgehen zu können. BNE schließt hier an einen Trend in der Hochschulbildung an, die rein Input-orientierte (wissensbasierte) zugunsten einer Output-orientierten (kompetenzbasierten) Bildung zu verändern. Daraus ergibt sich die Frage, welche speziellen Kompetenzen die Mitgestaltung einer Nachhaltigen Entwicklung braucht. Im Zuge der Auseinandersetzung mit Kompetenzen für Nachhaltige Entwicklung sind verschiedene Konzepte entstanden, jeweils geprägt durch ihren Entstehungskontext und ihr Bildungs- sowie Nachhaltigkeitsverständnis. Kurze Beschreibungen der Konzepte, ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede finden sich z. B. in [15] und [16].

Barth beschreibt drei Herangehensweisen an die Auswahl von Kernkompetenzen für NE: erstens durch Lehrende als Expert*innen für BNE, zweitens durch die Frage, welche professionellen Kompetenzen zukünftige Nachhaltigkeits-Transformations-Akteur*innen („sustainability change agents“) brauchen, und drittens durch die Analyse, was Nachhaltigkeitsprobleme charakterisiert und welche Kompetenzen demzufolge für deren Lösung nötig sind. [15] Ein entwicklungsbetontes Verständnis von NE mit deutlichem Fokus auf den Globalen Süden, Armutsbekämpfung und Süd-Nord-Beziehungen, z. B. [17], oder ein Verständnis von NE als emanzipatorisches Projekt, welches Kapazitäten für paradigmatische Systemveränderungen und die dafür nötigen Analysen von Machtverhältnissen und Gerechtigkeit priorisiert, z. B. [18] & [19], sind ebenfalls wichtige Perspektiven auf die Frage, was als Kernkompetenzen für NE gelten soll. Jeder dieser Ansätze hat Konsequenzen für die Auswahl der Lernziele und damit die Gestaltung der eigenen Lehre. Und jedes Modell birgt das Risiko, dass die zugrundeliegenden Annahmen der „Modellbauer“ ebenfalls übernommen und andere Perspektiven dadurch unsichtbar gemacht werden. Kompetenzbasierte Lehre ist also ein Kernelement von BNE. Die Qualität der Lehre wird jedoch auch durch den Informationsgrad über Kompetenzmodelle, ihre Entstehungskontexte, Möglichkeiten und Grenzen, sowie durch die Transparenz dieser Entscheidung im Curriculum-Design und den Lernenden gegenüber, beeinflusst.

Die UNESCO [16] stellt zur Orientierung für Lehrende folgende Kernkompetenzen zusammen, die zurzeit den internationalen BNE-Diskurs widerspiegeln und explizit die Kompetenzen benennen, die a) für NE besonders wichtig sind, und b) bisher nicht im Fokus formaler Bildung stehen:

Kompetenz zum systemischen Denken: die Fähigkeit, Beziehungen zu erkennen und verstehen, komplexe Systeme zu analysieren, die Arten, in denen Systeme in verschiedenen Domänen und Maßstäben eingebettet sind, wahrzunehmen, und mit Unsicherheit umgehen zu können.

Kompetenz zur Voraussicht: die Fähigkeit, multiple Zukünfte zu verstehen und zu evaluieren – mögliche, wahrscheinliche, und wünschenswerte – und eigene Visionen für die Zukunft zu kreieren; das Vorsorgeprinzip anzuwenden; die Konsequenzen von Handlungen zu bewerten, und mit Risiken und Veränderungen umgehen zu können.

Normative Kompetenz: die Fähigkeit, die Normen und Werte, die den eigenen Handlungen zugrunde liegen, zu verstehen und zu reflektieren; nachhaltigkeitsbezogene Werte, Prinzipien, und Ziele verhandeln zu können im Kontext von Interessenkonflikten und notwendigen Kompromissen, von unsicherem Wissen und Widersprüchen.

Strategische Kompetenz: die Fähigkeit, gemeinsam innovative Handlungen zu entwickeln und umzusetzen, die Nachhaltigkeit auf lokalen und breiteren Leveln voranbringen.

Kollaborative Kompetenz: die Fähigkeit, von anderen zu lernen; die Bedürfnisse, Perspektiven und Handlungen anderer zu verstehen und zu reflektieren (Empathie); andere zu verstehen, in Beziehung zu treten und empfänglich für andere sein (empathische Führung); mit Konflikten in Gruppen umgehen und kollaboratives, partizipatives Problemlösen möglich machen zu können.

Kompetenz zu kritischem Denken: die Fähigkeit, Normen, Praktiken und Meinungen zu hinterfragen; die eigenen Werte, Wahrnehmungen und Handlungen zu reflektieren; eine Position im Nachhaltigkeitsdiskurs einnehmen zu können.

Selbstwahrnehmungskompetenz: die Fähigkeit, die eigene Rolle in lokalen Gemeinschaften und der globalen Gesellschaft zu reflektieren; das eigene Handeln kontinuierlich abzuschätzen und sich zu motivieren; mit den eigenen Gefühlen und Wünschen umgehen können. Integrierte Problemlösungskompetenz: die übergeordnete Fähigkeit, verschiedene Problemlösungs-Ansätze auf komplexe Nachhaltigkeitsprobleme anzuwenden und tragfähige, inklusive und gerechte Lösungen zu entwickeln, die Nachhaltige Entwicklung fördern. Dabei sollen die o.g. Kompetenzen integriert werden. (Rieckmann, in [16], Übersetzung Leonie Bellina)


Aus anderen Kontexten können folgende ergänzende Kompetenzen mit bedacht werden:

Diversitäts-, interkulturelle und Equity-Kompetenz: die Fähigkeit, Verschiedenheit von Menschen und Kulturen zu akzeptieren und ihnen mit Offenheit zu begegnen; die eigene soziokulturelle Situiertheit zu verstehen; sozial-ökologische Ungerechtigkeit zu erkennen und einer ungleichen Behandlung (inklusive ökologische Benachteiligung) von Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit vorzubeugen oder dagegen einzuschreiten.[18]

Demokratische Kompetenz: die Fähigkeit, Demokratie als Wert und Konzepte zu verstehen; Möglichkeiten der demokratischen Teilhabe zu nutzen und gezielt an Prozessen gesellschaftlicher Transformation mitzuwirken; Institutionen, Interessengruppen, und politische Prozesse der Nachhaltigen Entwicklung zu verstehen und mitzugestalten.

Globale Kompetenz: die Fähigkeit, die Erde als Gesamtsystem mit grenzübergreifenden ökologischen und sozialen Wechselwirkungen zu begreifen; die historisch-politisch gewachsenen Ungleichheiten bzgl. nicht-nachhaltiger Entwicklung und ihren Auswirkungen zu verstehen; und beides in eigenes Denken und Handeln einzubeziehen [19].

Affinität für alles Leben: die Fähigkeit, sich mit anderen Lebensformen (und Menschen) zu identifizieren, Biodiversität und Evolutionsprozesse des Lebens wertzuschätzen; die eigene Spezies als eine von vielen und abhängig von anderen wahrzunehmen; und der Vielfalt und Komplexität des Lebens auf der Erde mit Demut und Staunen zu begegnen. [20]


These 2: Gute H-BNE ist kompetenzorientierte Lehre. Um Studierenden zu ermöglichen, sich an gesellschaftlichen Transformationsprozessen der Nachhaltigen Entwicklung zu beteiligen, hat sie die sogenannten „key competencies for sustainable development“ als Lernziele: Kompetenzen, die zur Mitgestaltung Nachhaltiger Entwicklung zentral sind, bisher aber nicht explizit Teil akademischer Kompetenzen. Gute H-BNE integriert diese Kompetenzen in Lerninhalte, -formate, und -evaluation. Gute H-BNE macht transparent, welche nachhaltigkeitsbezogenen Kompetenzen erworben werden sollen und warum, was sie konkret ausmacht, und wie sie erworben werden können.

Weiterlesen

Bücherstapel.png Bormann, I., de Haan, G. (2008). Kompetenzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Operationalisierung, Messung, Rahmenbedingungen, Befunde. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Open Source unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-531-90832-8.pdf

Inhalte – BNE braucht eigene Lehrinhalte

Leitfrage: Was sind inhaltliche Elemente guter BNE- Elemente, die nicht fehlen dürfen?

Dass Nachhaltige Entwicklung Thema sein muss, wo BNE praktiziert wird, ist unmittelbar evident. Was aber unter dem Überbegriff NE oder Nachhaltigkeit konkret zum Thema gemacht wird, ist sehr unterschiedlich und meist stark davon beeinflusst, in welcher Fachdisziplin die Lehrenden selbst verortet sind. Das ist einerseits gut so, denn schließlich finden sich dort die Anschlussstellen zwischen Fach und BNE. Andererseits besteht die Gefahr einer gewissen Beliebigkeit, welche Themen angesprochen und welche ausgelassen werden. Zudem ist in Deutschland das Thema NE stark mit der Umweltbewegung assoziiert und über Fachbereiche wie Umweltwissenschaften an die Universitäten gekommen, so dass oft ein ökologischer Schwerpunkt überwiegt und eine wirklich integrative Betrachtung durch ökologische, soziale, ökonomische, und kulturelle Perspektiven und deren Interdependenzen wünschenswert bleibt. Gibt es also Lehr-Inhalte in BNE, die als Kernelemente fachübergreifend präsent sein sollten?

Nachhaltige Entwicklung als Themenfelder

Wo, wie und für wen manifestieren sich Nachhaltigkeitsprobleme, wer trägt den Großteil der Lasten? Welche Herausforderungen sollen bewältigt werden und welche Zielvorstellungen/Lösungsansätze gibt es bereits? Über konkrete Fragen ist Nachhaltige Entwicklung intuitiv am Einfachsten in die Lehre zu integrieren. Dafür bieten sich die Sustainable Development Goals als Zugang an: Sie bilden diejenigen Themenfelder inklusive ihrer ökologischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Aspekte ab, in denen NE zurzeit gezielt vorangebracht werden soll. Wenn sie als Gesamtkonzept in ihrem Entstehungskontext vorgestellt werden, geben sie einen guten Überblick, was alles unter NE verstanden wird und wie – durch welche Prozesse, mit welchen Beteiligten – der Konsens über diese Problemanalysen und Zielvorstellungen erreicht wurde. Auch vorhandene Zielkonflikte und Trade-offs zwischen den SDGs sind ein wichtiges Thema. Wenn eine Lehrveranstaltung sich dann auf einen Teilbereich/ein Thema fokussiert, kann dieses im größeren Kontext verstanden werden. Was gehört dazu? Wie kann das umgesetzt werden?

  • Überblick: NE als verschiedene, miteinander verknüpfte Themenfelder erkunden
  • Einblick: die interdependenten ökologisch-sozial-ökonomisch-kulturellen Aspekte, die jedes Themenfeld aufweist
  • Hintergrund: die Entstehungsgeschichte dieser Problemanalysen und Zielvorstellungen
  • Einordnen: die eigene Themenwahl – z.B. ein SDG – im größeren Kontext
  • Offenlegen: Ziel-, Ressourcen- und Prioritätenkonflikte zwischen den Themenfeldern/SDGs; mögliche Trade-offs
  • Über den Tellerrand hinaus: Welche und wessen Themen und Zielvorstellungen nachhaltiger Entwicklung sind evtl. nicht in den politisch ausgehandelten SDGs präsent? Warum?

Nachhaltige Entwicklung als Diskurs

Wie kommt es zu Nachhaltiger Entwicklung als Antwortdiskurs auf die Grand Challenges? Die geschichtlichen Marker wie der Brundtland-Report und die UNESCO-Konferenzen werden meist innerhalb der Nachhaltigkeitslehre thematisiert. Diskurs als philosophischer Begriff ist jedoch mehr: Nach Jürgen Habermas [21] ist Diskurs ein dialogischer Prozess, in dem durch nachvollziehbare Argumente eine Verständigung über umstrittene Wahrheitsansprüche und Normen angestrebt wird. Als „Schauplatz kommunikativer Rationalität“ funktioniert Diskurs dann, wenn er in einem öffentlichen Raum stattfindet, in dem Beiträge und Informationen frei zugänglich sind, sich alle beteiligen können, und bestimmte Regeln eingehalten werden, wie z.B. Gewaltfreiheit. Was in einem solchen Prozess von einer Gemeinschaft als gemeinsame Wahrheit anerkannt wird, gilt als ‚vernünftig‘. Michel Foucault [22] versteht Diskurs weniger als sprachlichen Aushandlungsprozess denn als realitätskonstituierend. Hier bezieht sich „Diskurs“ auf die Formierung von Denksystemen, innerhalb derer wir Wahrheiten als solche wahrnehmen und hinterfragen. Foucault ergänzt den Diskursbegriff um die Analyse von Machtwirkungen. Diese strukturieren nicht nur Diskurs, Möglichkeiten und Grenzen des Sagbaren und damit auch was als Realität und ‚vernünftig‘ wahrgenommen wird, sondern Macht und Interessen werden wiederum durch Diskurspraktiken legitimiert. Diskursanalysen brauchen daher grundsätzlich Machtanalysen. Beide Diskursverständnisse machen deutlich, wie sehr Nachhaltige Entwicklung „Diskurs“ ist: ein fortdauernder Prozess des Miteinander-Sprechens über Mensch-Natur-Verhältnisse und die Normen, die diese strukturieren sollen, sowie das Bestreben, dass eine Nachhaltige Entwicklung gesamtgesellschaftlich als ‚vernünftig‘ anerkannt wird. Gleichzeitig ist das, was überhaupt als „Nachhaltige Entwicklung“ denkbar ist, durch die Vorstellungen und Denksysteme unserer Zeit strukturiert sowie durch bestehende Machtverhältnisse und Interessen. Und was/wen legitimiert der Diskurs der Nachhaltigen Entwicklung, z. B. als legitim NE-Wissen produzierende, als legitim Entscheidende über Zielsetzungen von NE? In der Auseinandersetzung mit dem Diskursbegriff und mit NE als Diskurs werden sowohl die ethischen als auch die emanzipatorischen Bildungselemente aktiviert, sowie Wissenschaft als Entstehungsort für diskursrelevantes Wissen. Mehr noch, mit einem solchen Diskursverständnis wird die Diskursgeschichte von NE als Spannungsfeld sichtbar: darin sind Machtverhältnisse, unterschiedliche Möglichkeiten mitzusprechen bzw. gehört zu werden, sowie politische Prozesse und Institutionen alle beteiligt an den sich entwickelnden Bedeutungen von NE [22]. Dieser Ansatz bietet eine deutlich andere Lernmöglichkeit als eine historische Kenntnis der Entwicklung von NE durch die UN-Konferenzen. Eine Auseinandersetzung mit NE als multiple Diskurse, die miteinander um Deutungshoheit ringen – und die Konsequenzen, wenn nicht-dominante Diskurse (wie z. B. Demilitarisierung, Frieden und Dekolonisierungsprozesse) weniger wahrgenommen werden und damit weniger Einfluss auf Problemverständnisse, Priorisierungen und Lösungsideen nehmen können – kann Studierenden ihre Verantwortung als selbst Diskurs-Gestaltende erschließen. Und nicht zuletzt zeigt ein diskursives Verständnis von NE ihre Bedeutung als gesellschaftliches Narrativ auf, sowie die Funktionen von solchen Narrativen und ‚Wahrheiten‘: Diskurs als gesellschaftlich wirksame Praxis. Aus diesem Grund argumentieren wir, dass NE-als-Diskurs genauso zu den Lehrinhalten von Hochschul-BNE gehört wie NE-als-Themenfelder.

Im Rahmen von Hochschulbildung ist es möglich, auf hohem intellektuellen Niveau zu lehren und zu lernen. Hier kann und sollte erwartet werden, dass Studierende „Diskurs“ und seine Funktionen begreifen, insbesondere, weil Hochschulabsolvent*innen wahrscheinlich berufliche Positionen einnehmen werden, in denen sie gesellschaftliche Aushandlungsprozesse über Vorstellungen von ‚Wahrheit‘ und vernünftigem Handeln mitgestalten.

Was gehört dazu? Wie lässt sich das umsetzen?

  • Überblick: NE als Diskurs, der sich in bestimmten historisch-politisch-kulturellen Zusammenhängen und Prozessen (& deren Beteiligten) entwickelt hat
  • Verständnis von Diskurs als philosophischem Begriff, und den Funktionen von Diskurs in gesellschaftlicher Entwicklung/Veränderung
  • Einordnen des eigenen Nachhaltigkeitsverständnisses in die Diskursgeschichte von NE. NE-Modelle: welche Sicht auf Mensch-Natur-Verhältnisse beinhalten sie? Aus welchen Diskursräumen kommen sie?
  • Über den Tellerrand hinaus: Auseinandersetzung mit multiplen, unterschiedlichen, und auch nicht-dominanten NE-Diskursen und den (auch epistemischen) Machtverhältnissen, in denen sie sich entwickeln


These 3: Gute H-BNE hat eigene Lehrinhalte. Dabei lehrt sie nicht Nachhaltige Entwicklung als ‚neue Wahrheit‘, sondern ermöglicht Studierenden, NE als Antwortdiskurs(e) auf die drängenden Herausforderungen der Gegenwart zu verstehen. Dafür macht gute H-BNE Nachhaltige Entwicklung auf verschiedenen Ebenen zum Thema: als miteinander verknüpfte Themenbereiche, als Diskurs mit Wirkungen und Funktionen, und als gesellschaftliche Aushandlungsprozesse in konkreten historischen, politischen, und kulturellen Kontexten.

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Bildung und die SDGs: www.unesco.de/bildung/ bildungsagenda-2030/bildung-und-die-sdgs

Rieckmann, M. (2018): Chapter 3 – Key themes in education for sustainable development. In: Leicht, A. / Heiss, J. / Byun, W. J. (eds.): Issues and trends in Education for Sustainable Development. UNESCO, Paris, http://unesdoc.unesco.org/images/0026/002614/261445E.pdf, S. 61-84.

Education for Sustainable Development Goals: Learning Objectives http://unesdoc.unesco.org/images/0024/002474/247444e.pdf.

Bublitz, H. (2003). Diskurs. Transcript Verlag. Open source unter: www.transcript-verlag.de/978-3-89942-128-6/diskurs/?number978-3-8394-0128-6.

Wissenschaft – (B)NE braucht neue Methoden

Leitfrage: Welche wissenschaftlichen Ansätze sind wichtig für BNE?

BNE bedeutet, Wissen nicht nur kritisch situieren und komplexe Problemlagen verstehen, sondern auch neues, lösungsrelevantes Wissen produzieren zu lernen. Da eine wissenschaftstheoretische Bildung und Forschungspraxis zu jeder Disziplin und jedem Studienfach gehören, ist grade Hochschul-BNE dazu prädestiniert, beides auf wissenschaftlichen Wegen zu tun. Dafür ist vor allem „forschendes Lernen“ geeignet (s.u.: Weiterlesen). Dabei geht H-BNE über disziplinäre Beiträge hinaus: da die Grand Challenges sich durch mono-disziplinäre Ansätze allein weder verstehen noch lösen lassen, muss BNE interdisziplinäre Perspektiven ermöglichen. Dafür geht BNE von einem themen- und/oder problembasierten Ansatz aus (z. B. die Herausforderung eines SDG) und zeigt an diesem die Rolle verschiedener Disziplinen und auch nicht-akademischer Wissensformen auf. Um sich wissenschaftlich an der Lösung von Nachhaltigkeitsproblemen beteiligen zu können, bedarf es zusätzlich zu disziplinären Fachkenntnissen und Methoden weiterer, z. T. neuer Forschungsmethoden, die im Kontext von BNE gelernt und angewandt werden. Dazu gehören neben Interdisziplinarität auch Transdisziplinarität (die forschend-lernende Zusammenarbeit mit außer-akademischen Akteur*innen [23]), und Methoden wie Visioning, Backcasting, uvm. [24], [25]. Und nicht zuletzt bedeutet BNE an der Hochschule, sich kritisch mit der Verantwortung, den Möglichkeiten und Grenzen von Wissenschaft in Bezug auf Nachhaltige Entwicklung auseinanderzusetzen. BNE befähigt Absolvent*innen zur Wissenschaftlichkeit auf ihrem Berufs- und Lebensweg: als Wissenschaftler*innen können sie disziplinäre Tiefe und Interdisziplinarität verbinden, und sind theoretisch sowie methodologisch den Herausforderungen Nachhaltiger Entwicklung gewachsen. Auch im Wissenschaftsmanagement ist ein Verständnis der neuen wissenschaftlichen Herausforderungen notwendig. Als Fachkräfte in ihrem Berufsfeld können sie nachhaltigkeitsrelevantes Wissen situieren, bewerten, und produzieren und über Fachgrenzen hinaus vernetzt arbeiten, und als wissenschaftlich gebildete Bürger*innen können sie Debatten um Nachhaltige Entwicklung analysieren, prüfen, und verstehen, sowie wissenschaftlich informiert darin argumentieren.

Was gehört dazu? Wie lässt sich das umsetzen?

  • Sich den NE-Inhalten (z. B. SDGs) wissenschaftlich nähern:
    • Von wem, in welchem Kontext, mit welchen Methoden wurden die Daten zum Thema produziert?
    • Welche Disziplinen sind wie am Problemverständnis beteiligt bzw. wichtig, um das Thema verstehen und Lösungen voranbringen zu können?
  • Selbst durch Wissenschaft zu Lösungen beitragen:
    • Forschendes Lernen praktizieren
    • Mit Methoden des eigenen Fachs zu Nachhaltigkeitsthemen forschen
    • Interdisziplinarität als Methode und Arbeitsmodus lernen und anwenden
    • Neue Methoden lernen und anwenden: z.B. Transdisziplinarität, Visioning, Backcasting, etc.
  • Kritische Wissenschaft fördern:
    • Die Rolle der Wissenschaften und des eigenen Fachs bzgl. Nachhaltigkeitsproblemen erkunden
    • Verantwortung, Möglichkeiten und Grenzen von Wissenschaft bei der Lösung von Nachhaltigkeitsproblemen erkunden
    • Andere Wissensformen und gesellschaftliche Akteur*innen/Gruppen einbeziehen lernen; sich Machtverhältnisse in der Wissensproduktion und -Validierung bewusst machen


These 4: Gute H-BNE ermöglicht Studierenden, Wissen zu und Debatten um NE aus wissenschaftlicher Perspektive analysieren zu können und selbst nachhaltigkeits-relevantes neues Wissen zu produzieren. Dazu nutzt und lehrt sie notwendige Methoden und Herangehensweisen wie Inter- und Transdisziplinarität. Gute H-BNE praktiziert kritische Wissenschaftlichkeit. Sie hinterfragt die Rolle, Möglichkeiten, und Grenzen der Wissenschaften sowohl in der Entstehung von Nachhaltigkeitsproblemen als auch in Wegen zu ihrer Lösung. Sie befähigt Studierende, Wissenschaft zur Gestaltung nachhaltiger Zukünfte einzusetzen.

Weiterlesen

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Huber, L. (2012). Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: Brockmann, J., Dietrich, H., Pilniok, A. (Hrsg). Methoden des Lernens in der Rechtswissenschaft, S. 59-89. Nomos, Baden-Baden.

Temper, L., DelBene, D. (2016). Transforming knowledge creation for environmental and epistemic justice. Current Opinion in Environmental Sustainability 49–20:41, 2016

Mochizuki, Y., Yarime, M. (2016). Education for sustainable development and sustainability science: re-purposing higher education and research. In: M. Barth, G. Michelsen, M. Rieckmann, I. Thomas (Hrsg.) (2016): Routledge Handbook of Higher Education for Sustainable Development. Routledge, London.

Ethik – (B)NE braucht „ethical literacy“

Leitfrage: Welche Rolle spielt Ethik in Hochschul-BNE?

Ethisch begründete Normativität ist ein grundlegender Bestandteil von Nachhaltiger Entwicklung. Eine emanzipatorische Bildung, die das Indoktrinationsverbot respektiert, kann nicht einfach alte („nicht nachhaltige“) durch neue („nachhaltige“) Moralen ersetzen und diese als Ziel von Studium und persönlichen Werten und Verhaltensweisen vorschreiben. Ethik als Moralphilosophie bietet hier das Scharnier im Sinne einer akademischen Reflexion der Begründung von Tugenden, Werten und Normen. Sie kann und muss gemeinsam mit Studierenden die ethische Grundfrage stellen: Angesichts der Herausforderungen der Gegenwart, was sollen wir wollen, was sollen wir können und letztlich: wie sollen wir handeln und warum? Damit wird NE als mit konkreten Argumenten begründeter Versuch einer Antwort nachvollziehbar und dem eigenen kritischen Denken zugänglich. Dies ermöglicht, die den jetzigen Lebensweisen zugrundeliegenden Normen und Werte zu erkennen und zu hinterfragen und – gerade in einem wissenschaftlichen Kontext – zu erkennen, dass kein Raum menschlichen Wollens und Handelns frei von Normativität ist. BNE, vor allem auf Hochschulniveau, muss Studierenden ermöglichen, die Funktion von Normativität an sich zu verstehen, sowie selbst ethisch analysieren und argumentieren zu lernen. NE ist keineswegs frei von inhärenten Spannungen und Konflikten, von Abwägungen zwischen ihren Handlungsfeldern und Zielen. Spannungen zwischen beruflichen Anforderungen und denen einer Nachhaltiger Entwicklung werden zum Alltag von Hochschulabsolvent*innen gehören. Daher ist „normative Kompetenz“ im Sinne ethischer Bewertungs- und Urteilkompetenz von zentraler Bedeutung. Um diese zu entwickeln, und um eigene wie gesellschaftliche Werte und Normen sinnvoll reflektieren und argumentieren zu können, braucht es eine ethische Grundbildung, insbesondere ein Verständnis von Gerechtigkeitskonzepten. Lehrende können nicht davon ausgehen, dass diese Grundlagen bei allen Studierenden vorhanden sind. Zusätzlich eröffnet eine nachhaltigkeitsbezogene Ethik weiterführende Fragen nach sozial-ökologischen Interdependenzen und deren Implikationen. Eine NE-bezogene Ethik gehört daher als eigener Lernbereich zu Hochschul-BNE.

Was gehört dazu? Wie lässt sich das umsetzen?

  • Ethik, versteckte ebenso wie offensichtliche Normativität, vor allem Gerechtigkeitsfragen zum Thema machen: Bedeutung, Grundlagen ihrer Anwendung, ihre Funktion in gesellschaftlichen Prozessen
  • Die ethischen und politischen Grundlagen von NE in der Lehrveranstaltung (und an ihrem konkreten Thema) explizit machen
  • Fragen der Forschungsethik um Fragen der anwendungsbezogenen Ethik und der möglichen Wirkungen von Forschung im Kontext Nachhaltiger Entwicklung erweitern – ganz konkret am eigenen Forschungsprojekt
  • Weiterführende Elemente von „Nachhaltigkeitsethik“ einbeziehen, wie u.a. Fragen sozial-ökologischer Gerechtigkeit (Environmental Justice), Eigenwert und Rechte von nicht-menschlicher Natur, räumliche und zeitliche Dimensionen von Gerechtigkeit
  • Räume bieten, um eigene Wertvorstellungen im gesellschaftlichen und globalen Kontext zu verstehen und zu hinterfragen und für sich selbst die Frage, was wir angesichts der Herausforderungen der Gegenwart „wollen sollen“, bewusst zu beantworten.


These 5: Gute H-BNE ermöglicht Studierenden, ethische Fragen (nicht) Nachhaltiger Entwicklung fundiert und systematisch zu analysieren. Dafür nutzt und lehrt sie Grundlagen von Ethik und Gerechtigkeitstheorien und wendet diese im Kontext von Themen und Forschung der Nachhaltigen Entwicklung konkret an. Gute H-BNE ermöglicht Studierenden, die Funktion von Normativität in gesellschaftlichen Prozessen zu verstehen und be- fähigt sie, eigene, fachliche, sowie gesellschaftliche Werte und Normen im Hinblick auf NE zu erkennen, zu bewerten, und ethisch fundiert zu argumentieren.

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Netzwerk n und andere Studentische Initiativen (2017). Positions- und Forderungspapier Nachhaltigkeit und Ethik an Hochschulen: http://www.nachhaltige-hochschulen.de

Düwell, M., Hübenthal, C., Werner, M. H. (Hrsg.) (2011). Handbuch Ethik, 3. Auflage. Metzler/Springer, Stuttgart.

Egan-Krieger, T., Schultz, J. Pratap Thapa, P. Voget, L. (Hrsg.) (2009). Die Greifswalder Theorie starker Nachhaltigkeit. Ausbau, Anwendung und Kritik. Metropolis, Marburg.

Ammicht Quinn, R. & Potthast, T. (Hrsg.) (2015). Ethik in den Wissenschaften – 1 Konzept, 25 Jahre, 50 Perspektiven. Materialien zur Ethik in den Wissenschaften 10, IZEW, Tübingen.

Meisch, S., Lundershausen, J., Bossert, L., Rockoff, M. (eds.) (2015). Ethics of Science in the Research for Sustainable Development: https://www.nomos-shop.de/_assets/downloads/9783848718351_lese01.pdf, Nomos, Baden-Baden.

Rieckmann, M.; Schank, C. (2016). Sozioökonomisch fundierte Bildung für nachhaltige Entwicklung – Kompetenzentwicklung und Werteorientierungen zwischen individueller Verantwortung und struktureller Transformation. In: SOCIENCE 1 (1), S. 65–79. Online verfügbar unter http://www.rce-vienna.at/SOCIENCE/vol1.pdf

Partizipation – (B)NE braucht Zusammenarbeit und Teilhabe

Leitfrage: Wie lassen sich Zusammenarbeit und Teil- habe in H-BNE umsetzen?

Zusammenarbeit

Der themenbasierte Ansatz von BNE zeigt schnell, dass die Grand Challenges weder durch einzelne Disziplinen/Fächer noch durch Einzelpersonen verstanden oder gelöst werden können. Nachhaltige Entwicklung ist ein Teamsport! Diese Zusammenarbeit über Grenzen hinweg – von disziplinären bis nationalen und kulturellen – muss jedoch gelernt werden. Das beginnt bei Methoden gewaltfreier Kommunikation und effektiver Teamarbeit, um sich selbst gut einbringen zu können, erweitert dann zum Leiten partizipativer Prozesse, beinhaltet Diversitäts- und interkulturelle Kompetenzen, und kann bis hin zu internationalen Lehr/Lern/Forschungs-Partnerschaften im Rahmen von globalem Lernen gehen. Entscheidend für die Umsetzung von BNE ist in diesem Zusammenhang, dass „Kollaborationskompetenzen“ weder vorausgesetzt werden können – auch wenn Studierende zunehmend bereits über Erfahrungen mit Teamarbeit verfügen – noch sich automatisch aus praktischer Zusammenarbeit im Rahmen der Lehre ergeben. Um die Entwicklung dieser Kompetenzen zu ermöglichen, braucht es Wissen und Methoden, praktische Übung innerhalb der Lernumgebung, sowie Coaching und begleitende Reflektion des eigenen Lernprozesses.

Was gehört dazu? Wie kann das umgesetzt werden?

  • Formen und Methoden der Zusammenarbeit und Kommunikation lehren, „Handwerkszeug“ vermitteln
  • Diese im Kontext von Lehr-Lernformaten anwenden, üben, und Fähigkeiten durch Coaching und Peer-Feedback aktiv weiterentwickeln
  • Diversitäts- und interkulturelle Kompetenzen lehren und durch entsprechende Aufgabenstellungen aktiv fördern (team teaching: hier bietet es sich an, externe Ex- pert*innen dazu zu holen!)
  • Verschiedene Kontexte von Zusammenarbeit ermöglichen: Studierendenteams, regionale oder internationale Partnerschaften


Teilhabe

Zusammenarbeit im Rahmen Nachhaltiger Entwicklung ist kein Selbstzweck, sondern soll zu konkreten Veränderungen führen. BNE hat daher zum Ziel, Studierende zu befähigen, „change agents“ zu sein: Menschen, die sich aktiv an gesellschaftlicher Transformation beteiligen können. Hier schließt BNE eng an politische Bildung an, denn wer eine demokratische Gesellschaft verändern will, muss wissen, welche Möglichkeiten zur Beteiligung bestehen. Da als Ziel von BNE durch soziales Lernen geschulte „sustainability citizens“ [26] genannt wird, muss BNE Raum für die Entwicklung von „citizenship competence“ ermöglichen. BNE kann hier als Lernlabor für gesellschaftliche Teilhabe dienen, indem Studierende die Lehre, Inhalte, Projekte, u. a. aktiv mit- und/oder selbst gestalten können, und dabei verschiedene Formen und Methoden dieser Mitgestaltung ausprobieren und reflektieren können.

Was gehört dazu? Wie kann das umgesetzt werden?

  • Teilhabe im Sinn von Mitgestaltung ermöglichen, „students as partners“: Einfluss auf die Gestaltung der Lehrveranstaltung, auf Inhalte, Aufgaben- stellung, Forschungsthema, u.a.
    • Formative Evaluation ist hier gut geeignet, da sie ein Ausprobieren und Verantworten von Veränderungen ermöglicht
  • Teilhabe im Sinn von selbst gestalten ermöglichen, „students as drivers“: Studierende übernehmen Teile der Lehre selbst oder gestalten eigene Projekte
    • Hier kann ein (teilzeit-)Rollenwechsel von Lehrenden zu Mentor*innen hilfreich sein
  • Formen und Methoden demokratischer Teilhabe benennen, ausprobieren und reflektieren AnNE-Inhalten(wie z.B. erneuerbare Energien) Möglichkeiten und Hindernisse zu Teilhabe und Veränderung aufzeigen; erfolgreiche Beispiele studieren


These 6: Gute H-BNE ist ein kollaboratives Unterfangen. Sie ermöglicht Studierenden, Formen und Methoden der Zusammenarbeit sowie der demokratischen Teilhabe – „citizenship competence“ – zu erlernen, die auch für eine Beteiligung an gesellschaftlicher Transformation hin zu Nachhaltiger Entwicklung notwendig sind. Dafür werden diese im Rahmen des Lehrformats gelehrt, eingesetzt, und gemeinsam reflektiert. Gute H-BNE beinhaltet demokratische Teilhabe der Studierenden an der Gestaltung von Lehre und Lernen.

Weiterlesen

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Andreotti, V.O. (2014): Soft versus Critical Global Citizenship Education. In: McCloskey S. (eds.) Development Education in Policy and Practice. Palgrave Macmillan, London.

Adams, Maurianne and Lee Anne Bell (2016): Teaching for Diversity and Social Justice. Routledge, New York, NY 10017.

Rieckmann, M. (2015): Das Verhältnis von Bildung für nachhaltige Entwicklung, Partizipation und demokratischer Kultur. In: Heinrich, G./Kaiser, K./Wiersbinski, N. (Hrsg.): Naturschutz und Rechtsradikalismus. Gegenwärtige Entwicklungen, Probleme, Abgrenzungen und Steuermöglichkeiten. Bonn, S. 140–148.

Didaktik – BNE braucht transformative Lehr-Lern-Umgebungen

Leitfrage: In welchen Lehr-Lern-Umgebungen lässt sich BNE umsetzen?

Um nachhaltigkeitsbezogene Inhalte auf eine Art und Weise zu vermitteln, die den Erwerb der Kernkompetenzen zur Gestaltung von Nachhaltiger Entwicklung ermöglicht, braucht es neue didaktische Ansätze: eine transformative Pädagogik und innovative Lehr-Lern-Formate. Diese schließen an moderne Konzepte „guter Lehre“ an und nutzen sie als Teile einer Lehr-Lern-Umgebung, in der die Kernelemente der H-BNE eingesetzt und die Kernkompetenzen für NE möglichst umfassend benötigt, praktiziert und so erworben werden können. Lehre in BNE versteht sich weniger als transmissiv, also bestehendes Wissen und Handlungsweisen vermittelnd, sondern als transformativ: Sie befähigt zur kollaborativen Entwicklung von komplexem Verstehen, Imagination von anderen Möglichkeiten, neuem Wissen und Handlungsmöglichkeiten, die zu einer Nachhaltigen Entwicklung beitragen, sowie dazu, diese im Prozess immer wieder zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.


Transformative Pädagogik

Disziplinäres Lernen ist nach wie vor wichtig – Ingenieur*innen sollten Statik gut beherrschen, bevor sie eine umwelt- und sozialverträgliche Brücke bauen! – aber die klassischen Formen der Vermittlung genügen nicht, um NE-Kompetenzen erwerben zu können. Folgende Veränderungen in Lehre/Lernen sind charakteristisch für H-BNE:

Abbildung 6: Charakteristische Veränderungen in Lehren und Lernen der H-BNE (Quelle: eigene Darstellung)

Hier wird deutlich, dass Hochschul-BNE mit einem Rollenwechsel für Lehrende einhergeht: Es ist notwendig, die Rolle des/der Wissenden und Bestimmenden zu verlassen und sich auf gemeinsame Lernprozesse einzulassen, in denen Lehrende eher als Coach, Mentor*in, oder Lernbegleiter*in fungieren. Selbst etwas noch nicht zu wissen/zu können; selbst in manchen Bereichen Lernende*r zu sein – z.B. in interdisziplinären Kontexten oder in der Zusammenarbeit mit externen Expert*innen – mag zunächst verunsichernd sein, bietet aber tatsächlich ein positives Rollenmodell für Studierenden: Nachhaltige Entwicklung besteht zu großen Teilen aus noch-nicht-Wissen und braucht daher den Mut, immer wieder Lernende*r zu sein, ohne dass Ego, Titel, oder Rollenverständnis im Weg stehen.

Transformative Lehr-Lern-Formate

Auch klassische Lehr-Lern-Formate wie Vorlesung und Seminar haben durchaus ihre Rolle in der H-BNE (siehe Kapitel 4.2 Gestaltungsräume und 4.3 Spannungsräume), sind aber für sich alleinstehend nicht ausreichend, um NE-Kompetenzen umfassend praktizieren zu können. Dafür braucht es Formate, die Studierenden ermöglichen, in realweltlichen Umgebungen an konkreten Nachhaltigkeits-Herausforderungen zu arbeiten (beide im weiten Sinn verstanden: nicht nur Mobilitätsprobleme in der eigenen Stadt, auch Wirkungen NE-bezogener Diskurse in Medienlandschaften sind eine „konkrete NE-Herausforderung in einer realweltlichen Umgebung“). Eine Vielzahl an Konzepten des „situierten Lernens“ kann solche Lehr-Lern-Umgebungen möglich machen, z. B.: Projekt- und problembasiertes Lernen, Service Learning, Action Learning, u. v. m. [2].

Situiertes Lernen in Hochschul-BNE hat dabei folgende wichtige Charakteristika:

  1. Ein konkreter Bezug zu Nachhaltiger Entwicklung, der trotz unterschiedlicher thematischer Schwerpunktsetzungen am Lernort die ökologischen, sozialen, kulturellen und ökonomischen Aspekte und ihre Interdependenzen einbezieht
  2. Ein konkreter Ortsbezug: zur Lebenswelt der Teilnehmer*innen, zum lokalen Ort (z. B. der Kommune), an dem reale Beziehungen und Handlungswirkungen erfahren werden können, und ‚global‘, entweder durch Partnerschaft mit einem anderen Ort, oder zumindest durch Einbeziehen von globalen Wirkungen und Bezügen des gewählten NE-Themas
  3. Ein studierendenzentriertes Lehrformat: Grade in Praxisprojekten mit außeruniversitären Akteur*innen bleibt wichtig, dass eine BNE-Lehr- veranstaltung primär ein Lernort ist und Studierenden durch gute Strukturierung und didaktische Aufarbeitung das Erreichen der Lernziele ermöglicht.

Hier wird deutlich, dass BNE innovative Lehr-Lern-Formate braucht, dass diese allein jedoch noch keine BNE darstellen. Erst in Kombination mit transformativer Pädagogik sowie mit konkreten NE-Inhalten und einer Orientierung an NE-Kompetenzen, entsteht „BNE-Didaktik“. Wo diese im Kontext von realweltlich situiertem Lernen stattfindet, können wir von integrativen BNE-Lehr-Lern-Umgebungen sprechen.

Die Transformation von Lehr-Lern-Umgebungen („teaching-learning-environments“) ist „Priority Action Area 2“ des Weltaktionsprogramms BNE. Auch hier wird der konkrete Bezug zum lokalen Umfeld der Hochschule betont. Damit dies gelingt, braucht es nicht nur engagierte Lehrende und Studierende, sondern einen gesamtinstitutionellen Ansatz (whole institution approach) sowie Partnerschaften über die Hochschule hinaus.


These 7: Zu guter H-BNE gehören innovative Lehr-Lern-Umgebungen. Diese zeichnen sich durch die Kombination aus „transformativer Pädagogik“ und „transformativen Lehr-Lern-Formaten“ aus, durch einen direkten Bezug zur Lebenswelt der Studierenden und zu aktuellen Fragen. Durch solche integrativen BNE-Lehr-Lern-Umgebungen ermöglicht gute H-BNE ein ganzheitliches, realweltliches, und studierendenzentriertes Lernen von Möglichkeiten, sich mit den Herausforderungen der Gegenwart auseinander zu setzen und an Veränderungs- und Lösungswegen aktiv zu beteiligen.

Weiterlesen

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Sipos et.al. (2008): Achieving transformative sustainability learning: engaging head, hands and heart. International Journal of Sustainability in Higher Education. International Journal of Sustainability in Higher Education, Vol. 9 Issue 1, pp.68-86.

Lotz-Sisitka et.al. (2015): Transformative, transgressive social learning: rethinking higher education pedagogy in times of systemic global dysfunction. Current Opinion in Environmental Sustainability, Vol. 16, October 2015, Pages 73-80 https://doi.org/10.1016/j.cosust.2015.07.018.

Brundiers et.al. (2010): Real-world learning opportunities in sustainability: from classroom into the real world. Journal of Sustainability in Higher Education, Vol.11 (4).

UNESCO (2017): Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives. Paris: UNESCO. http://unesdoc.unesco.org/images/0024/002474/247444e.pdf, Kapitel 2.4.2: action oriented transformative pedagogy.

Evaluation – BNE braucht neue Evaluationsformen

Leitfrage: Wie kann BNE als innovative Lehre angemessen evaluiert werden?

Evaluation in BNE findet statt in Bezug auf Studierende/Lernen, in Bezug auf Lehrende/Lehren, und in Bezug auf die Universität/Ermöglichen von BNE. Dabei hat Evaluation jeweils zwei Dimensionen: Evaluation von Lernen/Lehren („evaluation of learning“) und Evaluation als Lernprozess („evaluation as learning“).

Evaluation in Bezug auf Studierende/Lernen

Angesichts der Charakteristika von BNE – von Kompetenzorientierung über kollaboratives forschendes Lernen mit seinen Unwägbarkeiten bis hin zu partizipativen Lehrformaten – wird deutlich, dass die klassischen Formate akademischer Evaluation erweitert werden müssen. Bisherige Formate können den BNE-Zielen sogar entgegenstehen, wenn z.B. Teamarbeit und gemeinsames Arbeiten gefordert wird, aber am Ende nur individuelle Leistung in Konkurrenz zwischen den Studierenden bewertet wird. Hier ist ein sorgfältiges und transparentes Gestalten von Evaluation notwendig, das sowohl die formalen Kriterien der jeweiligen Prüfungsordnung beachtet, als auch neue Evaluationsformen einbezieht, die den Lehrformaten der BNE angemessen sind. Im Kontext von BNE vielleicht wichtiger als die Bewertung des Lernens ist die Evaluation als Lernprozess: Studierende lernen, selbst Lernfortschritt, Forschungsqualität und Zusammenarbeit (u.a.) auf solche Arten zu evaluieren, dass eigenverantwortliche (Selbst-)Steuerung bzw. gemeinsame Kurskorrekturen als Teil von Lernen und Arbeiten eingeübt werden können. Das unterscheidet sich deutlich von „Lernen für die Note“/ für eine Bewertung von außen und fördert genau die Kompetenzen, die zu proaktivem „sustainability citizenship“ befähigen. Des Weiteren kann Evaluation auch Teilhabe bedeuten, wenn Studierende z. B. an formativer Evaluation der Lehrveranstaltung/des Studienprogramms beteiligt sind, und die daraus folgenden Veränderungen selbst implementieren und testen können.

Nicht zuletzt braucht BNE evaluationsfreie Zonen! Vieles an den erwünschten Lernprozessen ist sehr persönlich, z.B. wenn es um eigene Werte, Wahrnehmung, innere Haltung, Motivation, etc. geht. Der Mut zu ehrlicher Selbstreflektion, Offenheit in Bezug auf Zweifel und Unsicherheit – persönliche Entwicklungsprozesse sind nur möglich, wenn es eindeutig „evaluationsfreie“ Räumen gibt. Es liegt in der Verantwortung der Lehrenden, diese zu schaffen und zu schützen.

Wie lässt sich das umsetzen?

  • Evaluation von Lernen:
    • Kompetenzerwerb ist schwer zu erfassen. Gute Erfahrungen gibt es z.B. mit dem kumulativen Erstellen von Lern-Portfolios, in denen Inputs, Übungen und Reflektionen über das Gelernte zu Kompetenzbereichen festgehalten werden.
    • Im wissenschaftlichen Bereich von H-BNE muss der Unsicherheit und Ergebnisoffenheit von kollaborativen NE-Forschungsprozessen Rechnung getragen werden – die Möglichkeit des Scheiterns eines Forschungsprojekts besteht und gehört dazu, darf also nicht per se an schlechte Bewertung gekoppelt sein. Stattdessen kann die Wissenschaftlichkeit des Vorgehens und die Anwendung von nachhaltigkeitswissenschaftlichen Methoden bewertet werden.
    • Ethik kann als angewandter Bestandteil von Forschungsprojekten in die Evaluation einfließen. Dadurch wird auch die Unterscheidung zwischen Ethik als konkretes NE-Handwerkszeug, das erlernt werden kann und soll um ethische Fragen der NE fundiert zu argumentieren, und persönlicher ethischer Reflektion & innerer Haltung (die selbstverständlich nicht benotet werden kann) deutlich gemacht.
  • Evaluation als Lernen/Lernprozess:
    • Coaching und Peer-Evaluationen können zu gemeinsamen Lernprozessen anregen
    • Schriftliche Selbstreflektionen mit Anleitung wie eigene Lernprozesse selbst gesteuert und evaluiert werden können
    • Formative Evaluation der Lehrveranstaltung die gemeinsam besprochen und noch während der Laufzeit umgesetzt wird
    • Beispielhafte Projekte im gewählten NE-Themenbereich evaluieren, daran Kriterien entwickeln und in eigenen Projekten anwenden – Evaluation als lösungsorientiertes Tool statt als „Bewertung“ erfahren


Evaluation in Bezug auf Lehrende/Lehre

Bildung für Nachhaltige Entwicklung als anspruchsvolle, kollaborative Form von Lehren und Lernen lässt sich in den typischen Evaluationsformaten am Ende einer Lehrveranstaltung kaum abbilden. Auch das Prinzip der Bewertung von Lehre ausschließlich am Ende („evaluation of teaching“), wenn eine Reaktion der Beteiligten gar nicht mehr möglich ist, passt nicht zum Anspruch der BNE, gemeinsam Lehr-Lern-Prozesse zu gestalten. Im Bereich der Lehre braucht es also ebenfalls neue Evaluationsformen und -inhalte, um die Lehrkompetenzen weiterzuentwickeln. Um Evaluation als Lernprozess im Bereich Lehre zu gewährleisten, bietet sich auch „forschendes Lehren“ an, in dem Lehrende ihre eigene Lehre beforschen und gezielt weiterentwickeln („scholarship of teaching and learnig“).

Wie lässt sich das umsetzen?

  • BNE-spezifische Kriterien für die eigene Lehrveranstaltung (oder Zertifikats- bzw. Studienprogramm) entwickeln
  • Kriterien allen Beteiligten transparent machen; ggf. gemeinsam entwickeln/festlegen
  • Eigene Evaluationsfragen zu diesen Kriterien entwickeln
  • Formative Evaluation während der Lehrveranstaltung; diese als Möglichkeit zur Teilhabe von Studierenden nutzen: Einfluss auf das gemeinsame Lehren/Lernen, und Mitverantwortung für die Veränderungen


Evaluation in Bezug auf die Hochschule/Ermöglichen von BNE

Ist Nachhaltige Entwicklung an der eigenen Hochschule im Leitbild verankert oder gibt es eine Nachhaltigkeitsberichterstattung? Dann sollte Bildung für Nachhaltige Entwicklung dort ebenfalls präsent sein. Wenn BNE explizit gemacht wird als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie, wird es deutlich leichter, Freiräume, Ressourcen und auch Anerkennung dafür einzufordern. Gute H-BNE ist exzellente Lehre: sie nutzt und entwickelt innovative Formate, ermöglicht Studierenden Kompetenzerwerb auf sehr hohem Niveau, trägt zu mehr Interdisziplinarität und interfakultären Verbindungen und damit zu einem besseren Arbeitsklima bei, inspiriert relevante Forschung zu NE, kann Campusentwicklung positiv beeinflussen, und vieles mehr. Wo solche Lehre stattfindet, nützt sie der Universität und sollte sichtbar gemacht und gefördert werden.

Wie lässt sich das umsetzen?

  • BNE explizit im Leitbild, in der Nachhaltigkeitsstrategie und der Nachhaltigkeitsberichterstattung benennen
  • BNE in Förderung (& -Kriterien) von Exzellenz in der Lehre verankern
  • Konkrete Ziele und Ressourcen für die Entwicklung von BNE vereinbaren und regelmäßig evaluieren


These 8: Gute H-BNE nutzt Evaluation, um die Kernkompetenzen für Nachhaltige Entwicklung zu fördern. Dafür setzt sie primär auf Evaluation als Lernprozess, die die Selbststeuerung von Lernen unterstützt. Zur Evaluation von Lernen nutzt gute H-BNE Evaluationsmethoden, die ihrem experimentellen und partizipativen Charakter entsprechen. Evaluation als Weg der Teilhabe, zur gemeinsam verantworteten Gestaltung von Lehre und Lernen, ist ebenfalls Teil guter H-BNE. Die Evaluation von Lehre bildet BNE-spezifische Elemente ab und dient der Weiterentwicklung von BNE-Lehrkompetenzen. Und gute H-BNE hat dezidiert evaluationsfreie Räume, in denen Experimentieren und persönliches Lernen möglich sind.

Weiterlesen

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UNESCO (2017): Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives. Paris: UNESCO. http://unesdoc.unesco.org/images/0024/002474/247444e.pdf Kapitel 2.5: how to assess ESD learning outcomes and the quality of ESD programes (S.56 ff.)

Richlin, Laurie & Milton d. Cox (2004): Developing Scholarly Teaching and the Scholarship of Teaching and Learning through Faculty Learning Communities. New Directions for Teaching and Learning; Wiley Online Library

Capacity building – mit BNE Lehren braucht eigene Lehrkompetenzen

Leitfrage: Welche Lehrkompetenzen baucht H-BNE und wie können sie entwickelt werden?

Um BNE in der Hochschullehre umsetzen zu können, brauchen Lehrende erstens selbst die „Kompetenzen für Nachhaltige Entwicklung“, die sie vermitteln möchten, und zweitens „BNE-Kompetenzen“: die Fähigkeit, andere bei der Entwicklung von NE-Kompetenzen zu unterstützen und die dafür nötigen Lehr-Lern-Umgebungen herzustellen. In der Ausbildung von Lehrenden der verschiedenen Schulformen ist diese Unterscheidung selbstverständlich: Lehrende brauchen selbst Fachkompetenz, und sie brauchen pädagogische und fachdidaktische Kompetenzen, um ihr Fach erfolgreich vermitteln zu können. Capacity building für BNE setzt bisher vor allem in der Lehre*innenbildung an, indem sowohl NE- als auch BNE-Kompetenzen in die Curricula integriert werden. Dafür wurden bereits umfassende Konzepte für BNE-Kompetenzen und deren Erwerb ausgearbeitet [16]. In der deutschen Hochschullehre ist die Situation eine andere: Lehrende haben zwar generell eine hohe Fachkompetenz; eine Ausbildung für die Hochschullehre ist jedoch nicht Voraussetzung, um zu lehren. Hochschuldidaktische Weiterbildung, die auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen werden kann, bietet durchaus Möglichkeiten innovative Lehr-Lern-Formate zu erlernen. Diese sind jedoch – wie in diesem Orientierungsrahmen ersichtlich – nur ein Teil des Gesamtkonzepts von BNE. Hochschullehrende brauchen Möglichkeiten der Weiterbildung und Auseinandersetzung in mehreren Bereichen, und zu den Anschlussstellen im eigenen Fach:

  • Inhaltlich: Nachhaltige Entwicklung als Diskurs und Themenfelder
    • Bezüge zu NE-Inhalten im eigenen Fach
  • Methodologisch: NE-relevante Forschungsmethoden
    • NE-relevante Forschung & Forschungsthemen im eigenen Fach
  • Didaktisch: BNE als Diskurs und BNE-spezifisches Lehren und Lernen (inklusive Evaluieren) Verbindungen zu Fachdidaktik
  • Ethik, Normativität, Gerechtigkeit: NE-relevante Grundlagen und Anwendungen
    • Verbindungen zu fachlichen Normen, Werten; Forschungsethik
  • Teilhabe und Vielfalt: Diversität (inklusive Gender-Gerechtigkeit) und Partizipation in Lehr-Lern-Formaten, inklusive Beziehungen mit lokalen/überregionalen Akteur*innen; globale Perspektiven
    • Verbindung zu partizipativen Formaten und Internationalisierung im eigenen Fachgebiet
  • Rolle: Selbstverständnis als Lehrende*r, Rollenwechsel im Kontext von BNE
    • Verbindungen zur Fachkultur und institutionellen Rollen(verständnissen)
  • Persönliche Entwicklung: eigene Werte, Haltung, Motivation in Bezug auf NE
    • Wie (un)üblich ist die persönliche Sichtbarkeit im eigenen Fach?

Capacity building für Lehrende aller Bildungsformen ist „priority action area 3“ des Weltaktionsprogrammes BNE. In Deutschland muss insbesondere in der Hochschullehre in den nächsten Jahren dort eine Priorität gesetzt werden, um Lehrenden entsprechende Weiterbildung zu ermöglichen. Mögliche Anschlussstellen sind:

  • BNE-spezifische Angebote im Bereich hochschuldidaktischer Weiterbildung fördern
  • BNE-Weiterbildung von überregionalen Anbieter*innen an die Hochschule holen
  • Vernetzung BNE-Lehrender, peer-learning/peer-teaching
  • BNE in bestehende Weiterbildungsangebote für Lehrende integrieren


These 9: Gute H-BNE ist anspruchsvolle Lehre. Sie kann nur stattfinden, wenn Lehrende BNE lernen können. Weiterbildung ermöglicht Lehrenden die Entwicklung von eigenen NE-Kompetenzen und von BNE-Kompetenzen: den Lehrkompetenzen für BNE.

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GAP roadmap: http://unesdoc.unesco.org/images/0023/002305/230514e.pdf.

UNESCO: issues and trends in ESD (2018): http://unesdoc.unesco.org/images/0026/002614/261445e.pdf S.55 ff: key competencies for ESD educators S.133 ff: Building Capacity of educators and trainers

UNESCO (2017): Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives. Paris: UNESCO. http://unesdoc.unesco.org/images/0024/002474/247444e.pdf, 2.3 integrating ESD in teacher education, S. 51 ff.

Barth, M. and Rieckmann, M. (2012). Academic staff development as a catalyst for curriculum change towards education for sustainable development: an output perspective. Journal of Cleaner Production, Vol. 26, pp. 28-36.

Sleurs, W. (2008): Competencies for ESD (Education for Sustainable Development) teachers. A framework to integrate ESD in the curriculum of teacher training institutes. Verfügbar unter: https://www.unece.org/file-admin/DAM/env/esd/inf.meeting.docs/EGonInd/8mtg/CSCT%20Handbook_Extract.pdf.

Qualität – BNE braucht Qualitätsmanagement

Leitfrage: Wie kann Qualitätsmanagement in und für H-BNE funktionieren?

Damit Studierende Kompetenzen für NE als Gesamtprofil erwerben können, bietet die BNE-spezifische Kombination der o.g. Kernelemente ein komplexes Lehr-Lern-Umfeld. Um dieses zu gewährleisten und den Beteiligten die Entwicklung der nötigen Kompetenzen zu ermöglichen sowie die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sollten entsprechende Qualitätskriterien und Prozesse der Qualitätssicherung ein integraler Teil von Hochschul-BNE sein.

Was gehört dazu? Wie lässt sich das umsetzen?

  • BNE-Qualität: Das Verständnis von Qualität in der Hochschulbildung und spezifisch in H-BNE im eigenen Arbeitskontext klären
  • BNE-bezogene Qualitätskriterien und Indikatoren für die Lehrveranstaltung, das Zertifikatsprogramm oder Studienprogramm entwickeln und transparent machen
  • Lehrplanung: Prozesse zur Umsetzung der Qualitätskriterien definieren
  • regelmäßige BNE-bezogene Evaluationsprozesse (inklusive Lehrende und Studierende) der Lehre; forschende Lehre zur Weiterentwicklung der BNE-Lehre
  • Austausch unter den Lehrenden verschiedener NE-Lehrveranstaltungen des Zertifikats- o. Studienprogramms, peer-learning; Teilnahme an BNE-Netzwerken
  • BNE-Weiterbildungsangebote für Lehrende schaffen/ermöglichen


These 10: Gute H-BNE hat Qualität(en). Um diese zu entwickeln, zu fördern und zu gewährleisten, braucht H-BNE Prozesse der Qualitätsentwicklung und –Sicherung. Bei diesen sollten alle Beteiligten, insbesondere Studierende, mitwirken.

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Harvey, L., Green, D. (2000) Qualität definieren; Fünf unterschiedliche Ansätze. In: Helmke, A., Hornstein, W., Terhahrt, E. (Hrsg.). Qualität und Qualitätssicherung im Bildungsbereich: Schule, Sozialpädagogik, Hochschule. Zeitschrift für Pädagogik, 41. Beiheft. Online unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2014/8481/pdf/Zeitschrift_fuer_Paedagogik_41_Beiheft_2000.pdf#page18.

Literaturverzeichnis

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  3. John, B., Ganiglia, G., Bellina, L., Lang, D., Laubichler, M. (2017). The Glocal Curriculum: a Practical Guide to Teaching and Learning in an Interconnected World. Tredition GmbH, Hamburg.
  4. UNESCO (2018). Education for Sustainable Development Goals; Learning Objectives http://unesdoc.unesco.org/images/0024/002474/247444e.pdf
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  6. Randers, J. (2012). 2052: A Global Forecast for the Next Forty Years. Chelsea Green. deutsch: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. oekom, München.
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  8. Raworth, K. (2017). Doughnut Economics. Seven Ways to Think Like a 21st Century Economist. Chelsea Green Publishing, Vermont, S. 9
  9. UNESCO Shaping the Future We Want. UN Decade of Education for Sustainable Development (2005-2014) Final Report. http://unesdoc.unesco.org/images/0023/002301/230171e.pdf
  10. Beutelsbacher Konsens, Handreichung https://www.lpb-bw.de/beutelsbacher-konsens.html
  11. Winker, G. (2015). CARE Revolution. Schritte in eine Solidarische Gesellschaft. Transcript, Bielefeld.
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  13. Acosta, A. (2015). Buen Vivir: vom Recht auf ein gutes Leben. Oekom, München.
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  16. 16,0 16,1 16,2 16,3 UNESCO (2018). Issues and trends in Education for Sustainable Development. http://unesdoc.unesco.org/images/0026/002614/261445e.pdf
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