HOCH-N:Nachhaltiges Abfallmanagement

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Betroffener Personenkreis

Dieser Beitrag richtet sich an alle Hochschulangehörigen gleichermaßen, denn jede und jeder kann zur Abfallvermeidung, zum Recycling und damit zur Minderung der Entsorgungsleistung einen Beitrag leisten. Von besonderer Bedeutung bei der nachhaltigen Entsorgung ist der Personenkreis „Abfallbeauftragte“ (häufig in Personalunion mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi)).

Relevanz

Abfälle sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ein Besitzer entledigt, entledigen will oder muss.[1] Sie können nach der Art und der Einstufung ihrer Gefährlichkeit bezeichnet und unterschieden werden.[2] Die Abfallverzeichnisverordnung (AVV) gibt dazu branchen- bzw. gruppendefinierte zwei-, vier- und sechsstellige Abfallschlüssel mit Abfallbezeichnung an. Hochschulen als Entsorger müssen einer gesetzlichen Registerpflicht über Menge, Art, Ursprung, Sammlungshäufigkeit, Beförderungs- und Verwertungs- oder Beseitigungsart des Abfalls nachkommen.[3] Für gefährliche Abfälle, etwa aus Chemielaboratorien, besteht zudem eine Nachweispflicht vor Beginn der Entsorgung und über deren Durchführung sowie ggf. über den Verbleib entsorgter Abfälle.[4]

Als Abfallverursacher*in und Entsorger*in müssen Hochschulen und ihre Angehörigen nach dem Vorsorge und Nachhaltigkeitsprinzip und den rechtlichen Vorgaben des § 6 (1); (2) KrWG einen maßgeblichen Beitrag leisten, Abfälle zu vermeiden, zur Wiederverwendung vorzubereiten sowie zu recyceln. Sollten diese Maßnahmen nicht greifen, ist eine energetische Verwertung sicher zu stellen. Grundsätzlich sollen jeweils die Maßnahmen innerhalb der Rangfolge Vorrang haben, die den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleisten. Mit dem Vermeidungsgrundsatz geht die Verpflichtung einher, Erzeugnisse zu beschaffen, die[5]

  • langlebig, reparaturfreundlich, wiederverwendbar oder verwertbar sind,
  • im Vergleich zu anderen Erzeugnissen zu weniger oder schadstoffärmeren Abfällen führen und
  • durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder Recycling hergestellt wurden.

Dabei ist es unerlässlich, dass der mit dem Abfallmanagement betroffene Personenkreis einer Hochschule mit dem Bereich „Beschaffung“ vernetzt wird und interagiert. Denn alles was beschafft wird muss nach einer Nutzungsphase, meist stofflich oder energetisch modifiziert, auch entsorgt werden. Indirekt tragen Hochschulen dadurch nicht nur zur Abfallvermeidung bei, sondern ebenso zur Einsparung von Wasser, Energie und Rohstoffen, die andererseits in die Produktions- und Lieferketten geflossen wären. Durch die Abfallvermeidung und -reduktion profitieren Hochschulen bzw. die mit der Abfallentsorgung betrauten länderspezifischen Behörden von der Minimierung ihrer Entsorgungsaufwendungen und -kosten (z. B. durch Register- und Nachweispflicht und Transport).

Neben dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ist für den Bereich der nicht gefährlichen Abfälle die Gewerbeabfallverordnung relevant, die den Umgang mit gewerblichen Siedlungsabfällen sowie Bau- und Abbruchabfällen regelt. Ziel der Gewerbeabfallverordnung ist die Stärkung der Abfallhierarchie. Diese wird durch den Vorrang der stofflichen gegenüber der energetischen Verwertung von Abfällen und der Einschränkung der gemischten Erfassung verankert. Durch die Umsetzung der Trennpflicht nach Gewerbeabfallverordnung für Papier/Kartonagen, Kunststoffe, Glas, Metalle, Holz, Alttextilien und Bioabfällen können auch Hochschulen einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten.

Hochschulen leisten durch geringe Abfallaufkommen zudem einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag zur Verringerung der Luft- und Abwasseremissionen bei den Entsorgungsprozessen. Eine nachhaltige Entsorgung an Hochschulen steht demzufolge im Zusammenhang mit dem Schutz von Mensch und Umwelt, mit einer Lebenszyklusbetrachtung von Stoffen und Gegenständen die zu Abfall werden können, sowie mit ressourcenschonenden und emissionsarmen Herstellungs- und Entsorgungsverfahren von der primären bis zur sekundären Rohstoffgewinnung aus Abfall.[6] Nachhaltigkeit in der Entsorgung an Hochschulen meint – über die Rechtskonformität hinaus – generell die Minimierung vom Stoff- und Energieeinsatz, sodass nach einer möglichst langen Nutzungsphase so wenig wie möglich Abfälle anfallen bzw. eingesetzte Energie „weggeworfen“ wird. Nachhaltige Entsorgung an Hochschulen fördert zudem die Kreislaufwirtschaft, um Abfälle als neue Ressource (Sekundärstoff) für Produkte und Energie zu betrachten und zu nutzen.[7] Im Umgang mit gefährlichen Abfällen schützt eine nachhaltiges Abfallmanagement Personal und Studierende durch aktive Risikoerkennung und -minimierung und betreibt dadurch Gesundheits- und Entsorgungsprävention.

Ziele

Für ein nachhaltiges Abfallmanagement können sich Hochschulen bspw. folgende Ziele setzen und diese in spezifischen Richtlinien zum Abfallmanagement niederlegen:

  • Rechtskonformität,
  • Nutzungsoptimierung (z. B. von Chemikalien und Verbrauchsmaterialien),
  • Vermeidung, Trennung/Recycling von Abfällen und Einsparung von Entsorgungsaufwendungen,
  • Einsatz und Beschaffung von langlebigen und reparaturfreundlichen Produkten und damit verbundenen langen Nutzungszeiten anstelle von häufigen Neuanschaffungen in kurzen Zeitintervallen.
  • Einsatz, Nutzung von Abfallstoffen als Sekundärstoffe (Kreislaufwirtschaft) – nur indirekt beeinflussbar
  • transparente rechtskonforme Entsorgungsprozesse/-dienstleistungen als Grundlage für gesundheitspräventiven Umgang mit Abfällen und gefährlichen Abfällen, wie ätzende Chemikalien,
  • (Stoff-) Substitutionsprüfung und Rückkopplung mit „Beschaffung“,
  • zyklische Bewertung der Funktionalität des Abfallmanagements (z. B. im Rahmen von UMS-Audits)
  • eindeutige Festlegung von Zuständigkeiten in Entsorgungslogistik,
  • Risikoerkennung/-minimierung (z. B. Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanweisungen),
  • formale und non-formale Bildung, Bewusstseinsschaffung und -schärfung betroffener Personen,
  • Vorbild- und Multiplikatorenwirkung und
  • Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Abfallmanagement.

Hemmnisse und Treiber

Hemmnisse Treiber
  • strenge rechtliche Forderungen (Arbeitsschutz, Kreislaufwirtschaft) können individuelles Hochschul-Engagement begrenzen („ist doch schon alles geregelt“)
  • teilweise begrenzte Einflussmöglichkeiten aufgrund länderspezifischer Regelungen (zentralisierte Entsorgung)
  • Forschungs- und Lehrbetrieb mit hohem Bedarf an Chemikalien und Gefahrstoffen
  • zusätzlicher Ressourcenbedarf zur Optimierung bestehender Entsorgungssysteme in Bezug auf Nachhaltigkeit
  • Akzeptanzprobleme der Handelnden, des betroffenen Personenkreises (Bewusstsein – Wissen – Handeln)
  • Abfall- und Kostenreduzierungspotenziale in Abhängigkeit studiengangsbezogener Ressourcen/Verbrauchsmittel (MINT vs. Geisteswissenschaften)
  • Vermeidungs- und Einsparpotenziale (z. B. Büromaterial)
  • Optimierung des Chemikalien- und Gefahrstoffmanagements
  • Kommunikation, Sensibilisierung und Zusammenarbeit mit allen Hochschulbereichen und Personen, insbesondere der „Beschaffung“

Checkliste nachhaltiges Abfallmanagement

Checkliste Abfallmanagement


Good Practice

RUN – ReUse Notebook und Handy-Sammel-Aktion[8]

Ist Ihr Mobile-/Smartphone schon wieder veraltet oder das Notebook schon wieder zu langsam oder defekt?

Wenn bei den Angehörigen der Hochschule Zittau/Görlitz ein neues Handy, Mobile-/Smartphone oder Notebook angeschafft werden muss, sind die Beschäftigten und Studierenden dazu aufgerufen, ihre alte Technik an den zentralen Sammelpunkten in den Hochschulbibliotheken Zittau und Görlitz abzugeben. Mit dieser Technikspende wird die Zusammenarbeit zwischen der Hochschule Zittau/Görlitz und der SAPOS gGmbH unterstützt.

Die Technikspende unterstützt aber vor allem das Recycling, die Wiederverwertung und -verwendung von Handys, Mobile-/Smartphones und Notebooks, bzw. von wertvollen Bestandteilen wie Edelmetalle und Seltene Erden. Außerdem wird die SAPOS gGmbH direkt unterstützt bei der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen. Diesen wird durch das Zerlegen der Geräte oder durch Kleinreparaturen eine wichtige Aufgabe und ein eigenverantwortliches Leben in der Gesellschaft ermöglicht. Weitere Informationen.

Terracycle – Stifte-Recycling[9]

Kugelschreiber und andere Schreibgeräte gibt es an den Hochschulen überall in hoher Anzahl. Genauso schnell wie man so einen Schreibutensil in der Hand hat, wird es wohl auch wieder weggeworfen. Nicht so an der Hochschule Zittau/Görlitz, die über das „Terracycle“ Stifte-Recycling-Programm Kulis & Co. sammelt und recycelt. Der Gewinn daraus unterstützt die Nichtregierungsorganisation (NGO) „DapaViva“ aus Kolumbien. Diese fördert Umweltbildung der lokalen Bevölkerung des Nebelwaldes, um ihn vor der Urbanisierung zu bewahren. Die Sammelstationen befinden sich in mehreren Gebäuden an zentralen Ort sowie in der Hochschulbibliothek. Zudem wurde mit dem Programm die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Zittau und eine Sammelstation im Zittauer Einwohnermeldeamt realisiert. Weitere Informationen.

Reduzierung von gefährlichen Abfällen an der LMU München am Beispiel von Ethidiumbromid-haltigen Abfällen

Reduzierung von Ethidiumbromid-haltigen Abfällen mittels Absorption von Ethidiumbromid aus Flüssigkeiten mit Absorber-Beuteln an der LMU München

An forschungsstarken Hochschulen mit Laborbetrieb, wie es auch an der LMU der Fall ist, werden viele gefährliche Abfälle erzeugt, insbesondere viele unterschiedliche Abfallgemische. Im Umgang damit sind Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die Entsorgung ist kostenintensiv. So wird Ethidiumbromid (EtBr) in der Molekularbiologie zum Anfärben von Nukleinsäuren bei der Gelelektrophorese verwendet. Ethidiumbromid (3,8-Diamino-5-ethyl-6-phenylphenanthridiniumbromid) ist ein organischer Farbstoff, der aufgrund seiner planaren Struktur leicht in die DNA interkalieren kann, EtBr ist ein starkes Mutagen und toxisch. Nach Gebrauch müssen die Lösungen fachgerecht als gefährlicher Abfall entsorgt werden und dürfen keineswegs in die Umwelt gelangen. Die von vielen Herstellern angebotenen Ethidiumbromid-Ersatzstoffe sind laut den Sicherheitsdatenblättern „noch nicht vollständig geprüfte Stoffe“. Da auch diese Stoffe mit der DNA interagieren, sind hinsichtlich der krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Wirkungen ähnliche Eigenschaften wie bei Ethidiumbromid zu vermuten.

Ein Ziel der LMU ist es, die zunehmende Menge von gefährlichen Abfällen zu reduzieren. Decon-Bags stellen eine einfache Methode dar, um Ethidiumbromid aus Lösungen zu entfernen. Die Methode ist zuverlässige, sehr einfach anzuwenden, effizient und geeignet für Ethidiumbromid, Propidiumiodid, PicoGreen® und SYBR® Green. Hierzu werden Absorber-Beutel mit der Ethidiumbromidfärbelösung 24 h gerührt. Der Inhalt der Beutel besteht aus einer speziellen Aktivkohle, die effektiv und sicher Ethidiumbromid adsorbiert. Ein Beutel kann 2,5 mg Ethidiumbromid aufnehmen. Mit einem Beutel können 5 Liter einer typischen Färbelösung nach Sambrook et. al mit einer Ethidiumbromidkonzentration von 0,5 mg/l dekontaminiert werden. Die dekontaminierte Lösung kann als Abwasser entsorgt werden, die benutzten Beutel können als verunreinigte Betriebsmittel bzw. mit gefährlichen Stoffen verunreinigte Aufsaug- und Filtermaterialien (Beispiel AVV-Abfallschlüsselnummer 150202*) entsorgt werden.

Auch wenn die Behandlung einer derartigen Menge zu aufwändig wäre: Bei 1 Tonne möglichem Ethidiumbromid-haltigem Abfall fallen durch die benutzten Absorber-Beutel nur maximal 2 kg gefährlicher Abfall an. Die LMU spart dabei 85% der Kosten bezogen auf eine 1 Gewichtstonne. Die größte Kostenposition ist da die Beschaffung der Absorber-Beutel. Zudem wird eine größere Menge flüssige gefährliche Abfälle, die mit hohem Energieaufwand entsorgt werden müssen, eine geringe Menge fester gefährlicher Abfälle mit Aktivkohle, die mit deutlich geringerem energetischem Aufwand entsorgt werden können. Hierbei werden also sowohl Kosten gespart, als auch die Umwelt entlastet.

Weiterführende Informationen und Links

  • Handys für Hummel, Biene und Co. NABU Handy-Recycling
  • Kostenlose Abgabe von Brillen an Sehhilfebedürftige in der ganzen Welt BrillenWeltweit
  • Abfallvermeidung fängt bei der Beschaffung an; * hier finden Sie Tipps und Links für eine nachhaltige Beschaffung

Quellen

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.(17.7.2017 I 2644). Abfallverzeichnisverordnung – AVV. Abgerufen am 08. Oktober 2020 von http://www.gesetze-im-internet.de/krwg/

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.(20.7.2017 I 2808). Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG. Abgerufen am 08. Oktober 2020 von http://www.gesetze-im-internet.de/krwg/

Hochschule Zittau/Görlitz (2020). Nachhaltiger Campus: ReUse, ReCycle, Refill. Abgerufen am 08. Oktober 2020 von https://www.hszg.de/hochschule/struktur-und-organisation/managementsysteme/umweltmanagement/nachhaltiger-campus-good-practice.html

Lexikon der Nachhaltigkeit (2018). Nachhaltigkeit in der Abfallentsorgung. Abgerufen am 08. Oktober 2020 von https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/nachhaltigkeit_bei_der_abfallentsorgung_1795.htm?sid=qdoap21h0pg877osnn67edt0o0

Einzelnachweise

  1. KrWG § 3 (1)
  2. AVV § 1
  3. KrWG § 49 (1)
  4. KrWG § 50 (1)
  5. KrWG § 45 (1)
  6. KrWG § 6 (1), (2)
  7. Lexikon der Nachhaltigkeit (2018)
  8. Hochschule Zittau/Görlitz (2020). Nachhaltiger Campus: ReUse, ReCycle, Refill.
  9. Hochschule Zittau/Görlitz (2020). Nachhaltiger Campus: ReUse, ReCycle, Refill.
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