HOCH-N:Nachhaltige Beschaffung

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Nachhaltige Beschaffung

Betroffener Personenkreis

Dieser Beitrag des Leitfadens richtet sich an zentrale und dezentrale Beschaffer*innen, Einkäufer*innen, bspw. Sekretär*innen und Personen, die im Rahmen ihrer Hochschulangehörigkeit und -tätigkeit Produkte, Waren und Dienstleistungen ausschreiben und beschaffen (einkaufen). Angesprochen sind auch Mitarbeiter*innen der akademischen Administration im Zuständigkeitsbereich der Mittelvergabe wie etwa Dekanatsrät*innen.

Relevanz

Bei der Beschaffung von Materialien, Produkten und Dienstleistungen berücksichtigen nachhaltigkeitsorientierte Hochschulen zunehmend umweltbezogene, soziale und ethische Aspekte als wichtige Entscheidungskriterien.13 Waren und Leistungen sollten demnach umwelt-, sozialverträglich, abfallarm, recycelt oder recycelbar, aus nachwachsenden Rohstoffen, energieeffizient, klimaneutral, fair, regional oder biologisch erzeugt, transportiert und gehandelt sein.14

Relevant ist die nachhaltige Beschaffung an Hochschulen, da aktuelle Entwicklungen zeigen, dass die Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien ein Maßstab zur Bewertung und Entscheidung für den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen ist.15

Rechtliche Relevanz hat eine nachhaltige Beschaffung und die damit verbundene Einhaltung von Umwelt- und Energieeffizienzkriterien sowie Grenzwerten insbesondere bei energieverbrauchsrelevanten Produkten und Dienstleistungen.16 17 Nachhaltige Beschaffung an Hochschulen muss nach rechtlicher Relevanz außerdem mit den Forderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, insbesondere § 45 („Pflichten der öffentlichen Hand“) einher gehen und die Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit und Wiederverwendbarkeit oder Verwertbarkeit von Produkten berücksichtigen. Außerdem fordert eine rechtskonforme Beschaffung Produkte und Dienstleistungen, die im Vergleich zu anderen Erzeugnissen weniger oder schadstoffärmere Abfälle erzeugen.18 In der Vergabeverordnung (VgV) ist darüber hinaus seit 2016 geregelt, dass in den Leistungs- und Funktionsanforderungen umweltbezogene Aspekte als Auftragsgegenstand Berücksichtigung finden sollten. Es ist anzumerken, dass die Umweltkriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und verhältnismäßig zum Auftragswert und Beschaffungsziel sind, wodurch wiederum eine Relativierung erfolgt.

Umweltbezogene Anforderungen dürfen und sollten auch an den Herstellungsprozess sowie den Lebenszyklus (Produktions- und Lieferkette) gestellt werden. Die Anforderungen an Nachhaltigkeit müssen sich dabei nicht in materiellen Eigenschaften vom Auftragsgegenstand niederschlagen und können mit definierten Produktkriterien und -zertifikaten in Verbindung stehen.19 Hochschulen sollten daher in Prozessen der Bedarfsermittlungen und -planungen sowie für Ausschreibungen und Auftragsvergaben Kriterien für eine nachhaltige Beschaffung definieren und diese bspw. in einer internen Beschaffungsrichtlinie festschreiben. Denn vergaberechtlich wird nur geregelt, wie das Verwaltungsverfahren einer Beschaffung ablaufen muss und nicht welche Produkte und Leistungen beschafft werden sollen.

Ökonomisch relevant kann nachhaltige Beschaffung sein, wenn in den Leistungsbeschreibungen und Zuschlagskriterien konkrete Nachhaltigkeitskriterien definiert sind und demzufolge ausschließlich Angebote eingehen, die diese Kriterien erfüllen. Auch wenn daraufhin das kostengünstigste Angebot den Zuschlag erhält, wird der Anspruch an die Nachhaltigkeit erfüllt.20 Werden dennoch konventionelle mit nachhaltigen Erzeugnissen/Dienstleistungen verglichen, können letztere gegenüber ersteren zunächst teurer sein. Das Mehr an Nachhaltigkeitsleistung kann aber partiell die Mehrkosten rechtfertigen. Höhere Kosten können bei materiellen und technischen Produkten zumeist einmalig bei der Erstanschaffung entstehen. In der Nutzungsphase sind die Verbrauchskosten von nachhaltigen Erzeugnissen oftmals geringer, da sich dann Einsparpotentiale z. B. von Energie, Abfall und Verbrauchsmitteln bemerkbar machen. Durch nachhaltige Beschaffung lassen sich demnach in der Nutzungsphase unmittelbare Preisvorteile erzielen, zum Beispiel durch Recyclingpapiere, Nachfüllpackungen oder wiederaufbereitete Tinten- und Tonerkartuschen.

Durch die Langlebigkeit nachhaltiger, hochwertiger Materialien kann zudem die Nutzungsphase verlängert werden wodurch sich Kosten für kurzfristigere Neuanschaffungen reduzieren.21 Dass nachhaltige Produkte über den Lebenszyklus betrachtet kostengünstiger sein können als konventionelle Varianten, belegt auch eine von der Stadt Berlin veröffentlichte Studie bei 10 von 15 Produktgruppen. Dazu gehörten u. a. Bürobeleuchtung, Computer, Gebäude, Kopier- und Druckpapier, Multifunktionsgeräte und Reinigungsmittel.22 Eine hohe Relevanz sollten nachhaltig beschaffende Hochschulen laut Bundesministerium des Inneren (BMI) zudem auf folgende Produktgruppen legen, die unter Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien (wie dem Blauen Engel, Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft (FSC)) eingekauft werden können:23

  • Bekleidung und Textilien (z. B. Arbeitsbekleidung für technisches Personal)
  • Beleuchtung (z. B. LED- Leuchtmittel Innen- und Außenbereich)
  • Betriebsmittel (z. B. Schmierstoffe, Lösemittel)
  • Bürobedarf (z. B. Stifte...)
  • Büroeinrichtung (z. B. Tische, Stühle, Schränke, Regale)
  • Bürogeräte (z. B. Drucker, Kopierer und Zubehör)
  • Fuhrpark (z. B. Dienst-Kfz)
  • Gartenbaugeräte und -maschinen
  • Gas (z. B. zur Wärmeversorgung)
  • Händetrocknungssysteme
  • Hygiene- und Reinigungsartikel (z. B. Seifen, Toilettenpapier...)
  • Informations- und Rechnertechnik (z. B. Computer, Monitore, Notebooks)
  • Lacke, Farben, Klebstoffe
  • Lebensmittel und Catering (z. B. Kaffee, Tee, Milch, Snacks)
  • Papierprodukte (z. B. Druck-, Kopier-, Pressepapier u. -erzeugnisse)
  • Schädlingsbekämpfung (z. B. Pestizide, Herbizide)
  • Streumittel
  • Strom.

Gesundheitlich relevant kann nachhaltige Beschaffung sein, da bspw. durch emissionsarme Drucker und Kopierer das Raumklima verbessert und die Gesundheit von Beschäftigten geschont werden.24

Sozial und gesellschaftlich relevant ist eine nachhaltige Beschaffung, da gerade Hochschulen eine wichtige Vorbildfunktion für ihre Angehörigen und für die Gesellschaft insgesamt einnehmen.25 Informierte und beteiligte Studierende, Beschäftigte und externe Partner*innen sind außerdem wichtige Multiplikator*innen innerhalb einer Hochschule und darüber hinaus im privaten, beruflichen und gesamtgesellschaftlichen Leben. Schließlich kann das Image und Eigenmarketing einer Hochschule gestärkt werden, was z. B. Standortvorteile und stabile Studierendenzahlen mit sich bringen kann.26

Eine nachhaltige Beschaffung unter Berücksichtigung von Lebenszykluskosten von Materialien, Produkten und (Dienst-) Leistungen, kann zusammenfassend mittel- und unmittelbar für die Umweltauswirkungen, Gesundheit und Wirtschaftlichkeit einer Hochschule relevant sein. Wenn Hochschulen zukünftig ihre nachhaltige Beschaffung steigern und dadurch einen mengenmäßigen Absatz, d. h. die Nachfrage, von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen erhöhen, könnten dadurch Preise sinken, die bisher wegen geringen Absatz höher waren als bei stark nachgefragten konventionellen Waren und Leistungen.27 Eine verstärkte Nachfrage der Hochschulen nach nachhaltigen Erzeugnissen und Dienstleistungen kann somit relevant sein, mittel- und langfristige Produktions- und Konsumtrends nachhaltig zu ändern.28

Festzuhalten ist aber auch, dass viele Hochschulen bei der Beschaffung eingeschränkte Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume haben, da in mehreren Bundesländern die Beschaffung teilweise zentralisiert und die diesbezügliche Hochschulautonomie dadurch beschränkt ist (vgl. auch Anhang: Recherche HIS-Institut).

Ziele

Für eine nachhaltige Beschaffung können sich Hochschulen beispielsweise folgende Ziele setzen und diese in spezifischen Beschaffungsrichtlinien niederlegen.

  • Beschaffung und Nutzung von
    • langlebigen und reparaturfreundlichen Produkten und damit verbundenen langen Nutzungszeiten anstelle von häufigen Neuanschaffungen in kurzen Zeitintervallen (Achtung: Abschreibungsfristen),
    • Produkten und Dienstleistungen, die umwelt- oder sozialverträglich, abfallarm, recycelt, aus nachwachsenden Rohstoffen, energieeffizient, klimaneutral, fair oder regional gehandelt oder biologisch erzeugt sind,
    • von Produkten die im Vergleich zu anderen Erzeugnissen zu weniger oder schadstoffärmeren Abfällen führen,
  • regionale Wertschöpfung,
  • Analyse und Erfassung der Beschaffungssituation,
  • Steuerung und Verbesserung der Beschaffungssituation,
  • Schulung von Beschaffer*innen,
  • formale und non-formale Bildung, Bewusstseinsschaffung und -schärfung,
  • Vorbild- und Multiplikatorenwirkung und
  • Nachhaltigkeitsberichterstattung zur Beschaffung,
  • Rechtskonformität.
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